Frankfurter Buletten
Rolf Silber - Beutemacher

Als Mike eines schönen nachmittags entdeckt, daß er eine blinde Passagierin im Lieferwagen der Großküche transportiert, ist er schon reichlich überrascht. Noch ahnt er nicht, daß Nika, so heißt das junge Mädchen, ihn in den kommenden Wochen in enorm viele Schwierigkeiten mithineinziehen wird.

Nika ist auf der Flucht vor ihrem Lover und aus reiner uneigennütziger, männlicher Gutmütigkeit bietet Mike ihr an, für einige Zeit bei ihm unterzukriechen, bis sie selbst eine Bleibe gefunden hat.

Nika gefällt es ganz gut in der illustren Wohngemeinschaft in Frankfurt. Sie mag die beiden lesbischen Freundinnen K1 und K2, die unterm Dach wohnen, freundet sich mit Aishe an, und auch Mikes Freund Bobby mit seinem Computernetzwerk ist ihr nicht unsympathisch.

Alle zusammen können ihr vielleicht dabei helfen, die kleine Erpressung, die ihr Ex geplant hat, auf eigene Rechnung zu Ende zu bringen.

Das klappt dann doch leider nicht ganz so wie Nika es sich vorgestellt hat und plötzlich stehen sie und ihr neuer Freund Mike mit einem Toten da.

Der Umgang mit der Leiche ist allerdings vorbildhaft: Hier ist deutlich zu spüren, wie wertvoll es ist, wenn man eine gut funktionierende Hausgemeinschaft im Rücken hat. Mit vereinten Kräften wird heftig und problemorientiert gearbeitet.

Da setzt der alte Herr Deimler hilfreich seine Kenntnisse als Tierpräparator ein; vor allem seine scharfen Skalpelle sind unschlagbar. Die vier Kampfhunde des Hausbesitzers, die "selten einen Streit anfangen, aber jeden beenden", freuen sich sehr über einige nahrhafte Zusatzportionen Fleisch, die ihnen nachts serviert werden.

Aber gewiß wird der aufmerksame Leser für alle Zukunft Hacksteaks aus Großküchen äußerst kritisch betrachten. Unvergeßlich ist der effiziente Einsatz der Haschiermaschine, die oben, von Mike mit Altfleisch gefüttert, in einem steten Fluß frisches Hack produziert. Dies "wird zu den Bottichen einer Mischmaschine getragen, mit allem versetzt, was irgendwann in den letzten Tagen auf den Küchenboden gefallen und noch nicht wieder lebendig geworden war. Buletten, Klopse, Frikadellen, Hacksteak – alles nahezu Fleischliche nahm, bevor es von den Händen der freundlichen türkischen Mamas auf das durchs heiße Öl laufende Fließband gelegt wurde, diesen Weg."

"Beutemacher" ist ein witziger Krimi des Drehbuchautors und Regisseurs Rolf Silber. Er nimmt das Frankfurter Mainhatten ins Visier und seine Liebe gilt den wunderbar schrägen Vögeln, die sich von den großen und kleinen Unwägbarkeiten des Alltags nicht aus dem Konzept bringen lassen. Silbers Stärke liegt eindeutig in der Sprache, seine Pointen sitzen zielsicher am richtigen Platz.

Und bitte nicht vergessen: Hacksteak von Großküchen – You never know!

Sagen Sie nicht, Sie wären nicht gewarnt worden.




Rolf Silber - Beutemacher
1998, Frankfurt, Eichborn Verlag, 291 S.,

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1998-Nov-18
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Quelle: http://www.bookinist.de
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