Der erste Meister der Schwarzen Kunst
Philipp Vandenberg - Der Spiegelmacher


Nicht Johannes von Gutenberg, sondern Johann Gensfleisch hieß der Mann ursprünglich von Geburt an, der der Kunst des Buchdruckes zur Verbreitung verhalf.

Glaubt man dem Routinier Philipp Vandenberg, der schon viele herrliche historische Romane verfaßt hat, so war jener Gensfleisch nur ein ziemlich abgefeimter Geselle, der die Kunst des Buchdruckens bei seinem Meister gestohlen hat und diesen ins Gefängnis gebracht hat.

Die Geschichte des Romans beginnt und endet in Mainz: Michael Melzer, Spiegelmachermeister in der erzbischöflichen Stadt, zieht, nachdem seine Frau früh verstarb, seine Tochter Editha alleine auf.

Seine Fürsorge um das Kind führt jedoch dazu, daß es infolge einer Gehirnoperation sein Sprechvermögen verliert.

Während des Besuchs eines orientalischen Geschäftsmannes, verspricht Melzer seine Tochter diesem als Ehefrau zuzuführen, sobald sie erwachsen wäre.

Melzer reist, nachdem sein Haus vermutlich von seinem mißliebigen Gesellen Gensfleisch angezündet worden war, zu diesem Zweck nach Konstantinopel, um dem Gero Morenius seine Tochter zu vermählen.

Doch die Ereignisse in der fernen Kaiserstadt überschlagen sich: Melzer wird ob seines zukünftigen Schwiegersohnes schwer enttäuscht, sein Reisegepäck wird ihm bereits bei seiner Ankunft im Hafen gestohlen und zu allem Überfluß läuft ihm seine Tochter weg.

Der Zufall will es, daß er in die Machenschaften einer Gruppe Chinesen verwickelt wird, die mit gebrannten, tönernen Lettern für den römischen Papst Eugen IV zehntausend Ablaßbriefe zur Finanzierung der Kurie drucken sollen.

Melzer als Metaller schlägt den Chinesen eine abgewandelte Technik vor und ab dann gerät er unweigerlich in den Sog von Mord und Totschlag, der um den Besitz und die Verwertung dieser neuen Technologie des "Schreibens" entbrennt.

Im Laufe seiner Odyssee verschlägt es ihn nach Venedig, wo er seine Tochter sowie seine Geliebte wiederfindet, aber auch wieder verliert.

Öfter als ihm lieb sein kann schwebt er in Lebensgefahr und wird zum Spielball der Kräfte, die zwischen den verschiedenen Familienclans der Stadt, dem Dogen und dem römischen Papst herrschen.

Eine obskure Sekte aus Deutschland (vermutlich Tempelritter), die eine Ketzerbibel (nach Funden von Schriften in Qumran über einen Rabbi Jeshua, eines von Vandenbergs Lieblingsthemen!) verlegen will, lockt Melzer zurück nach Mainz, wo er sofort wieder mit dem Aufbau einer Werkstatt beginnt und den verhängnisvollen Fehler begeht, seinen ehemaligen Gesellen Gensfleisch wieder zu beschäftigen.

Ein gut gemachter Roman, sicher nicht sein bester, aber wie seine anderen Bücher in den Details, der Beschreibung der Mode, der Architektur, der Lebensgewohnheiten der Menschen sorgfältig recherchiert, glaubhaft ausgeführt und spannend dargeboten.





Philipp Vandenberg - Der Spiegelmacher
1998, Bergisch Gladbach, G. Lübbe Verlag, 479 S.,
2000, Bergisch Gladbach, Bastei Lübbe Verlag, 523 S.,

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© by Thomas Haselberger rezensiert am 1998-03-29
Quelle: http://www.bookinist.de