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Verschlüsselungstheorie
Simon Singh:


Geheime Botschaften




Ein neues Mathegenie
Simon Singh - Fermats letzter Satz

Fermat, einer der genialsten Mathematiker, hatte sein Vergnügen an der Mathematik, fand es jedoch häufig nicht für nötig, seine Entdeckungen und Beweise der Nachwelt zu überliefern.

Unglaublich, wird sich mancher sagen, wenn er liest, daß Simon Singh ein äußerst spannendes Buch geschrieben hat, das sich mit dem Problem, daß x² + y² = z² ganzzahlige Lösungen besitzt (z.B. 3² + 4² = 5²) und für alle anderen Gleichungen mit höheren Potenzen (also z.B. x³ + y³ = z³) es nie eine ganzzahlige Lösung geben kann.

Die erste Behauptung bewies bereits Pythagoras um das Jahr 500 v.Chr., die zweite Behauptung stellte im Jahr 1636 der Fürst der Amateurmathematiker, der frz. Richter Pierre de Fermat, auf und notierte dazu an den Rand seines Mathematikbuches: "Ich habe hierfür einen wahrhaft wunderbaren Beweis, doch ist dieser Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen."

So kam es nun, daß buchstäblich die allergrößten Genies in den kommenden 350 Jahren nicht fähig waren, die Richtigkeit der Fermat´schen Aussage zu beweisen , obwohl das Problem so einfach formuliert war, daß es jedes Schulkind begreifen konnte, worum es im Kern der Sache ging.

Selbst im Zeitalter der Computer, die heute in 1 Sekunde mehr Berechnungen anstellen können, als Fermat in seinem ganzen Leben, war es immer noch nicht möglich die unendliche Summe der Lösungsansätze praktisch durchzurechnen. Es bedurfte eines weiteren Genies, eines Mannes, der als 12-jähriger zum ersten Mal von Fermats Satz liest, Mathematikprofessor wird, und sich von 1986 bis 1993 in seinem Studierzimmer verbarrikadiert, um dann am 23. Juni 1993 nach einer knapp 180-seitigen Beweisführung an einer Hörsaaltafel in Cambridge seine heroische Tat mit den dürren Worten des Mathematikers beendet: "Ich denke, das genügt!"

Welch schwarzes Loch tut sich für ihn auf, als das Expertenteam, das seine Beweisführung prüfen soll, entdeckt, daß auch er, wie schon so viele geniale Mathematiker vor ihm, eine nicht gesicherte Annahme verwendet hatte, die die Exaktheit des Beweises erneut in Frage stellt. Und noch einmal zieht sich Andrew Wiles zurück, bis am 25.Oktober 1994 eine eMail um die Welt läuft, daß ihm der Beweis tatsächlich endgültig gelungen ist.

Sieht man vom Geleitwort und der Einleitung ab, ist Simon Singh wirklich ein phantastisches Buch gelungen. Er schafft es, etwas so trockenes wie die Mathematik, besonders die Zahlentheorie und ihre Entwicklungsgeschichte so darzustellen, daß selbst ein nur wenig mathematisch gebildeter Leser mit Spannung das über 350 Seite starke Werk verschlingt, als ob es ein Kriminalroman wäre.

Das Buch ist sicher sehr geeignet für all diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen irgendwann einmal das Fach Mathematik zu studieren, aber auch besonders für all die Leute, die verstehen möchten, was und wie es im Hirn eines Mathematikers zugeht, was ihn antreibt und wofür seine reine Mathematik gut sein soll.

Auch das Wesen der Mathematik, nämlich, daß sie keine Kunst des Rechnens, sondern eine Kunst des logischen Denkens und Beweisens ist, das vermittelt der Autor mit allerlei Anekdoten und Analogien aus der Welt der "Normalen" überaus gekonnt und läßt deutlich erkennen, warum die Mathematik keine Naturwissenschaft, sondern eine Geisteswissenschaft ist.
© thomas haselberger

Simon Singh - Fermats letzter Satz
übersetzt von Klaus Fritz
1998, München, C.Hanser, 364 S., 24.90 €,
2000, München, dtv, 364 S., 10.00 € (TB)

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Fermats berühmte Randnotiz


"Cuius rei demonstrationem mirabilem sane detexi hanc marginis exiguitas non caperet."

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Wie denken Mathematiker?

" Die Mathematiker sind berüchtigt dafür, es ganz genau zu nehmen und einen unumstößlichen Beweis zu verlangen, bevor sie eine Aussage als wahr anerkennen.
Eine Anekdote aus Ian Stewards Concepts of Modern Mathematics bringt dies auf den Punkt:
Ein Astronom, ein Physiker und ein Mathematiker machten einst Ferien in Schottland. Vom Zugfenster aus sahen sie inmitten einer Wiese ein schwarzes Schaf stehen. »Wie interessant!!,« bemerkte der Astronom, »alle schottischen Schafe sind schwarz!« Darauf antwortete der Physiker: »Nein, nein! Einige schottische Schafe sind schwarz!«

Der Mathematiker rollte seine Augen flehentlich gen Himmel und verkündete dann: » In Schottland gibt es mindestens eine Wiese mit mindestens einem Schaf, das mindestens auf einer Seite schwarz ist.«

Vor allem das Letztere, daß er es für anzweifelbar hält, daß das Schaf durchgehend gleich gefärbt ist, trifft die rabenschwarze Seele eines Mathematikers so genau, daß es den Leser vor Lachen schon zerreißen könnte.

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Wieso ist die Mathematik eine Geisteswissenschaft?


Wir haben hier ein Schachbrett, dem zwei schräg gegenüberliegende Eckfelder fehlen, so daß nur 62 Quadrate übrig sind. Nehmen wir nun 31 Dominosteine, mit denen wir paßgenau zwei Quadrate abdecken können. Die Frage lautet jetzt: Ist es möglich, die 31 Dominosteine so zu legen, daß sie alle 62 Quadrate des Schachbretts abdecken?

Für dieses Problem gibt es zwei Lösungsansätze:

(1) Der naturwissenschaftliche Ansatz

Der Naturwissenschaftler würde das Problem durch Experimentieren zu lösen versuchen und nach ein paar Dutzend verschiedenen Anordnungen feststellen, daß keine von ihnen paßt. Am Ende glaubt er hinreichend nachgewiesen zu haben, daß das Schachbrett nicht abgedeckt werden kann. Der Naturwissenschaftler kann jedoch nie sicher sein, daß dies auch wirklich der Fall ist, weil es eine Anordnung von Steinen geben könnte, die noch nicht ausprobiert wurde und das Problem lösen würde. Es gibt Millionen verschiedener Anordnungen, und nur ein kleiner Teil von ihnen kann durchgespielt werden. Der Schluß, die Aufgabe sei unmöglich zu lösen, ist eine Theorie, die auf Experimenten beruht, doch der Wissenschaftler wird mit der Tatsache leben müssen, daß die Theorie eines Tages vielleicht über den Haufen geworfen wird.

(2) Der mathematische Ansatz

Der Mathematiker versucht die Frage zu beantworten, indem er ein logisches Argument entwickelt, das zu einer Schlußfolgerung führt, die zweifelsfrei richtig ist und nie mehr in Frage gestellt wird. Eine solche Argumentation lautet folgendermaßen:
  • Die abgetrennten Eckfelder des Schachbrettes waren beide weiß. Daher sind noch 32 schwarze und 30 weiße Quadrate übrig.
  • Jeder Dominostein bedeckt zwei benachbarte Quadrate, und diese sind immer verschiedenfarbig, das eine schwarz, das andere weiß.
  • Deshalb werden die ersten 30 Dominosteine, wie auch immer sie angeordnet sind, 30 weiße und 30 schwarze Quadrate des Schachbretts abdecken.
  • Folglich bleiben immer ein Dominostein und zwei schwarze Quadrate übrig.
  • Jeder Dominostein bedeckt jedoch, wie wir uns erinnern, zwei benachbarte Quadrate, und diese sind immer von unterschiedlicher Farbe. Die beiden verbleibenden Quadrate müssen aber dieselbe Farbe haben und können daher nicht mit dem einen restlichen Dominostein abgedeckt werden. Das Schachbrett ganz abzudecken ist daher unmöglich!


Dieser Beweis zeigt, daß das unvollständige Schachbrett mit keiner möglichen Anordnung der Dominosteine abzudecken ist.

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Der Satz des Pythagoras

Auf ähnliche Weise ermittelte Pythagoras einen Beweis, der zeigt, daß sein Satz auf jedes mögliche rechtwinklige Dreieck zutrifft. Für Pythagoras war das Konzept des mathematischen Beweises heilig.



Das oben abgebildete Dreieck könnte jedes beliebige rechtwinklige Dreieck sein, denn die mit den Buchstaben x, y und z bezeichneten Seitenlängen sind nicht bestimmt.
Daneben sind vier identische rechtwinklige Dreiecke abgebildet, die zusammen mit einem gekippten kleineren Quadrat ein großes Quadrat ergeben. Die Fläche dieses großen Quadrates ist der Schlüssel zum Beweis.
Die Fläche des großen Quadrates kann auf zwei Weisen berechnet werden:

Methode 1: Messe die gesamte Fläche des großen Quadrats. Die Länge jeder Seite ist x+y. Daher ist die Fläche des großen Quadrates = (x+y)²

Methode 2: Messe die Fläche jedes Elementes des großen Quadrats. Die Fläche der Dreiecke beträgt jeweils ½ xy, d.h. (½ x Grundlinie x Höhe). Die Fläche des gekippten Quadrates ist z².

Daraus folgt:
Fläche des großen Quadrates

= 4 x (Fläche jedes Dreiecks) + Fläche des gekippten Quadrates

= 4 (½xy) + z²

Die Methoden 1 und 2 ergeben zwei verschieden Ausdrücke. Diese Ausdrücke müssen jedoch gleichwertig sein, da sie dieselbe Fläche bezeichnen. Deshalb gilt:

Fläche aus Methode 1 = Fläche aus Methode 2

(x+y)² = 4 (½xy) + z²

Wir können die Klammern auf beiden Seiten auflösen und die Ausdrücke vereinfachen. Dann ergibt sich:

x² + y² +2xy = 2xy +z²

Das 2xy läßt sich wegkürzen. So erhalten wir:

x² + y² = z² , und das ist der Satz des Pythagoras.

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Mathematische Beweise mit dem Computer?

Außenstehende mochten zwar den Eindruck gewinnen, die moderne Technik gewänne langsam die Oberhand über das Fermatproblem, doch die Mathematikergemeinschaft war sich darüber im klaren, daß ihr Erfolg rein kosmetischer Natur war. Selbst wenn Supercomputer Jahrzehnte damit verbringen würden, den Satz für einen Wert von n nach dem anderen zu beweisen, konnten sie dies niemals für jeden Wert bis ins Unendliche tun und deshalb auch nie den Satz generell beweisen. Selbst wenn er bis zum Wert von einer Billion bewiesen wäre, gäbe es keinen Grund, warum er für eine Billion und eins zutreffen sollte. Und wenn er für alle Werte bis zu einer Trillion bewiesen wäre, gäbe es keinen Grund, warum er für eine Trillion und eins gelten sollte, und so weiter ad infinitum. Die rohe Gewalt der computerisierten Zahlenfresserei allein kann das Unendliche nicht erreichen.

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Unendlichkeitsbegriff

In seinem Buch The Picturegoers gibt David Lodge eine schöne Beschreibung der Ewigkeit, die auch für den parallelen Begriff des Unendlichen von Bedeutung ist: "Stell dir eine Stahlkugel vor, die so groß ist wie die Erde, und eine Fliege, die sich einmal in einer Million Jahren darauf niederläßt. Wenn die Stahlkugel durch die damit verbundene Reibung aufgelöst ist, hat die Ewigkeit noch nicht einmal begonnen."

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© by thomas haselberger
rezensiert am 1998-03-08
Quelle: http://www.bookinist.de