Genau kann die Mutter von Mano Dayak
sein Geburtsjahr nicht angeben, "du bist zwischen dem Jahr
der großen Trockenheit und dem der Heuschreckenplage geboren."
Tage, Monate oder Jahre spielen keine Rolle, wichtiger ist für
das Nomadenvolk der Tuareg die Stunde der Geburt, denn nur die
Stunden des Tages zählen. Noch dazu haben die Tuaregs eine
Aversion gegen das Zählen. "Zählen ist sparen,
betrügen, werten, beurteilen. Zählen bedeutet, das Falsche
aufzuwerten."
Auf sehr poetische Weise erzählt Mano Dayak, der spätere
Führer der Tuareg-Rebellen, von seiner Kindheit in der Wüste
und den Gepflogenheiten der Nomaden. Er schwelgt in seinem unbeschwerten
Aufwachsen im Zelt seiner Mutter. Sie lehrt ihn die Buchstaben
des Alphabets in der Sprache seines Volkes. "Von meiner Mutter
behütet, hatte ich die Welt mit den Worten eingeatmet, die
sie sang oder in den Sand malte."
Der Vater bringt ihm schon als kleinem Jungen bei, wie er als
guter Karawanenführer jederzeit seinen Weg in der Wüste
findet. Das alles endet für Mano abrupt im Alter von neun
Jahren, als er gegen seinen Wunsch und den seiner Eltern von der
französischen Regierung gezwungen wird, eine Schule zu besuchen.
Auch wenn er am Anfang zusammen mit seinen Mitschülern dem
Lehrer immer wieder ein Schnippchen schlägt und nach Hause
flüchtet, wird Mano ein guter Schüler und erhält
eine exzellente Ausbildung, die er später durch ein Studium
in den USA und in Paris abrundet.
Er kehrt wieder in seine Heimat zurück, denn er hat vor,
mit seinem Wissen seinem Volk zu helfen, das durch Hunger und
Trockenheit bedroht ist und von der Regierung des Niger rigoros
bekämpft wird. "Der angebliche Wunsch die Nomaden zu
unterrichten, sie zu bilden, ist nichts als Bluff. Diese Scheinunterweisung
der Nomaden dient nur dazu, der Welt weiszumachen, die Rebublik
Niger kümmere sich um die Tuareg. Ich habe den Eindruck,
man will unsere Unwissenheit nur vergrößern, indem
man uns von unseren Wurzeln abtrennt und uns zu einem Volk macht,
das zwischen zwei Welten umherirrt."
Eindringlich schildert er den schier ausweglosen Kampf, den die
Tuareg um das Überleben ihres Stammes führen. Er war
der Vorkämpfer für den Friedensvertrag, der am 24. April
1995 von der Regierung des Niger und den Tuareg-Rebellen unterzeichnet
wird.
Niemand ahnt, als er am 15. Dezember 1995 das Flugzeug besteigt,
um mit dem nigerischen Premierminister die Umsetzung des Friedensvertrages
in die Wege zu leiten, daß es beim Start explodieren wird
und er mit 45 Jahren stirbt.
Mit seiner spannend zu lesenden Autobiographie vermittelt er ein
wenig von seiner eigenen Faszination "vom Königreich
des Sandes".
Mano Dayak - Geboren mit Sand in den Augen
1997, Zürich, Unions Verlag, 219 S., 29.00 DM
1998, Zürich, Unions Verlag, 219 S.,
2001, Zürich, Unions Verlag, 224 S.,
Taschenbuch.
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