Amerikanisches Fastfood
Alice Borchardt - Die Mauern von Chantalon

Alle Welt rümpft die Nase über Fastfood und lobt die Kreationen der Haute Cuisine. Doch bereits zur Zeit der Römer gab es an allen Ecken Garküchen, in welchen man für 1-2 As nahrhafte und bekömmliche Speisen bekommen konnte, die das Volk massenhaft verschlang.

Bei Büchern ist das ähnlich: Hochgelobte Literatur einerseits und kitschiger Schund andererseits. Und doch gibt es bei letzterem auch wiederum Produkte, wie beispielsweise die der weltumspannenden Firma mit dem gelb-rotem "M" im Firmenlogo, über deren "Nahrungsmittel" viele sich mokieren und doch heimlich nicht immer, aber immer öfter dort ihren Hunger stillen.

Genau so geht es dem Leser von Alice Borchardts "Die Mauern von Chantalon".

Ein historisch miserabel recherchierter Roman, der einige Tatsachen verrührt, nämlich, daß die Wikinger jahrelang ganz Frankreich brandschatzten, daß französische Adlige Schutzgeld bezahlten und gelegentlich sogar mit den beutegierigen Nordlandfahrern gemeinsame Sache machten und ihnen so manche Stadt der Plünderung überließen. Dann noch ein paar Beschreibungen von Pferden, Waffen und Wohnrauminventar der damaligen Zeit und fertig ist der Background oder besser der hüllende Brotling des Hamburgers, um beim kulinarischen Vergleich zu bleiben.

Das Buch kennt eine Handvoll Akteure, z.B. Owen, den 23jährigen Bischof von Chantalon, Elin, eine wunderhübsche, und wie sich später herausstellt mächtige Zauberkundige, eine Handvoll Haudegen auf der Seite des Bischofs und der Stadtbewohner, eine Handvoll Söldner auf der Seite des feigen und verleumderischen Grafen und natürlich 5 Schiffe voll wilder, barbarischer Wikinger, die auf einer Insel im Fluß kampieren.

Der Aufbau des Romans ist dann wie beim gastronomischen Vorbild des "Big Mac": Eine Schicht Kampf und Schlacht, eine Schicht Liebe und Sex, eine Schicht Kampf und Schlacht, noch eine Schicht Sex und dazwischen viele kleine Scharmützel, die man wie Pommes konsumiert.

Das Ganze darf man nur nicht kalt werden lassen, also schnell lesen, und bevor es zu fad wirkt wieder einen Schuß Coca einwerfen, der z.B. in Form von mächtigen Zauberflüchen mit Hilfe eines kleinwüchsigen Waldvolkes, das in damaligen Frankreich angeblich schon vor den Christen, vor den Römern, ja sogar vor der Megalith-Kultur im Verborgenen gelebt haben soll und immer noch über die Kräfte der Quellheiligtümer verfügt.

Ein Happy End ist selbstverständlich, anderes darf man von der älteren Schwester der amerikanischen Erfolgsautorin von Anne Rice bei ihrem Romandebüt auch gar nicht erwarten. Und als gestandene Krankenschwester und Texanerin weiß sie was der Markt verlangt, weitere Romane sind im Vorbereitung, vielleicht sogar Fortsetzungen der Geschichte von Owen und Elin?



Alice Borchardt - Die Mauern von Chantalon
übersetzt von Susanne Tschirner
1998, Bergisch Gladbach,
Lübbe Verlag, 639 S.,

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 98-06-18
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Quelle: http://www.bookinist.de
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