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Und Burls Beine versagten ihm den Dienst, schrumpften unter ihm zusammen

Und Burls Beine versagten ihm den Dienst, schrumpften unter ihm zusammen.

»Du dämlicher Hohlschädel«, sagte Cal.

Burl rappelte sich auf und brach aus der Deckung hervor

- zu spät, immer zu spät. Cal hatte ihn so schnell erwischt wie ein Bär einen Weißfisch beim Laichen.

»Wann lernst du endlich, dich so zu verhalten, wie's deinem Alter entspricht und nicht deiner Schuhgröße?«

Burl hielt schützend den Arm vors Gesicht. Doch zuvor sah er noch, wer gepfiffen hatte. Eine blonde Frau mit Jeans und einer braunen Wildlederjacke, die Fransen an den Armen hatte. Die Frau sah besorgt in seine Richtung und lief dann rasch davon.

»Jetzt schau dir nur an, was du angerichtet hast«, sagte sein Vater. Burl wusste nicht so recht, was damit gemeint sein konnte7 außer dass er sich mächtigen Ärger mit Cal eingehandelt hatte.

»........... weiter.... Aber noch ...
Lesezitat nach Tim Wynne-Jones - Flucht in die Wälder


Der Maestro
Tim Wynne-Jones - Flucht in die Wälder

Burl hat das Leben voller Dreck und Armut bei seinen Eltern bis obenhin satt. Die Mutter sitzt mit jedem Tag teilnahmsloser daheim, schüttet sich mit Tabletten zu und der Vater treibt sich, wenn er nicht gerade sternhagelvoll ist, mit der jungen Bedienung aus dem Dorf herum.

Von den unberechenbaren, aggressiven Schlägen des Vaters ist sein Körper mit blauen Flecken und Brandwunden übersät. Aus diesem unerträglich armseligen Leben flieht Burl mit seinen vierzehn Jahren eines Tages in die kanadischen Wälder. Am letzten Schultag vor den Sommerferien bekommt er von seiner Lehrerin ein Buch geschenkt, doch Burl lässt es in der Schule zurück, denn "er hatte Angst davor, was Cal (sein Vater) mit dem Buch machen würde, wenn er es mit nach Hause nahm. Sicher vor ihm waren nur die Geschichten, die er im Kopf hatte, in Stillschweigen gehüllt, sodass Cal sie nicht finden konnte."

Mitten in der Wildnis trifft er einen überaus komischen Kautz. Als er den kleinen Mann zum ersten Mal sieht, dirigiert er gerade ein riesiges, unsichtbares Orchester mitten auf dem See. (Übrigens gut zu sehen auf dem Titelbild des Buches von Jörg Müller.) Drinnen, im Innern des Hauses, das einer Pyramide gleicht, steht ein riesiger schwarzer Flügel. Burl ist von der Musik und der eigenwilligen Art des Musikers Nog, der nur für seine Musik und seine neue Komposition in der Einsamkeit lebt, fasziniert.

Für Burl eröffnet sich während des einen einzigen Tages, den er zusammen mit Nog verbringt, eine völlig neue Dimension, die sein zukünftiges Leben bestimmt.

Tim Wynne- Jones, 1948 in England geboren, lebt heute selbst an den von ihm beschriebenen Schauplätzen, in den Wäldern von Ontario in Kanada. Für den kauzigen Musiker Nog diente der amerikanische Pianist Glenn Gould als Vorbild.

Mit ungebremster Energie prallen bei Burl das dumpfe Leben voller Schläge in seinem Elternhaus mit dem ganz anderen Dasein des Musikers aufeinander.

"Flucht in die Wälder" besticht durch seine eigenwilligen, ungewöhnlichen Figuren und den traumhaft schönen Naturschilderungen der kanadischen Wälder.

Lesealter ab 13 Jahren




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Tim Wynne-Jones - Flucht in die Wälder
aus dem kanad. Englisch von Cornelia Kurtz-Arnold
Originaltitel: © 1995, "The Maestro"
1999, München, Hanser Verlag, 268 S.

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Fortsetzung des Lesezitats ...

Aber noch bevor der erste Schlag landete, kam aus dem heißen blauen Maihimmel ein anderes Geräusch. Es klang, als holte jemand aus und ließ eine riesige Hand durch die Luft sausen. Wollte dem Himmel eine verpassen, als wäre der ein großer blauer, blöder Sohn. Das Geräusch war so anders - und so unerwartet -, dass es Cals Faust verlangsamte. Seine Hand hielt an, wobei er den Griff, mit dem er Burl gepackt hatte, allerdings nicht lockerte.

Das Geräusch kam näher, ein pochendes Dröhnen, das alles übertönte, das Schwirren der Libellen, das Keckem der Eichhörnchen, das Kreischen der Blauhäher. Die Canadian

Pacific Railway kam hier vorbei, aber noch nie hatte ein Zug Burl Crow vor einer Tracht Prügel bewahrt.

Ein Hubschrauber. Er tauchte über den Kiefern oben am Hügelkamrn auf, südöstlich von der Stelle, wo Burl im Griff seines Vaters stand. Ein Doppel-Rotor-Hubschrauber, der niedrig flog und etwas Großes transportierte, das an einem langen Seil in der Luft hing.

Sowohl der Junge als auch der Mann sahen zur Sonne hoch, als der große, lärmende Hubschrauber näher kam, eine Silhouette, die direkt auf sie zuhielt.

Burl hatte noch nie einen Flügel gesehen. aber er wusste, dass au dem Seil so ein großes Klavier hing. Sein Schatten glitt über ihn hinweg, bevor sich der Flügel über ihm befand. (S. 11-12)
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»Es war meine Schuld«, sagte Burl. »Ich hätte mich mit dem Müll besser vorsehen müssen.«
»Nein«, sagte der Maestro. »Du kannst nichts dafür. Die Wahrheit ist, dass ich hier völlig fehl am Platz bin. Ein Junge der Wälder wie du einer bist, hält mich bestimmt für einen Vollidioten, weil ich hier so lebe. Und du hättest Recht damit. Ich bin ein gewiefter Geschäftsmann, Burl. Ein sparsamer Schotte von Geburt und auch der Neigung nach. Obwohl ich über massenhaft Geld verfüge, werfe ich es nicht zum Fenster hinaus. Die Hütte hier - dieser schlichte, rustikale Tempel - ist meine Torheit. Weißt du, was eine Torheit ist? Es ist ein Gebäude, das dazu dient, eine komplizierte Spinnerei zu befriedigen Es ist, um es kurz zu sagen, das Werk eines Dummkopfs. Ich eigne mich für ein Leben hier nicht besser als dieses Untier da draußen für ein leben in Toronto geeignet wäre. Dabei wäre es immerhin in der Lage, sich selbst sein Abendessen zu besorgen. Ich hingegen würde sofort verhungern, wenn ich nicht jeden Monat aus der Luft versorgt würde. Und alle zwei Wochen kommt ein Mann mit dem Zug hierher, bringt das nächste Fass Diesel und erledigt ganz allgemein alles, was zu tun ist.«

Burl rutschte unbehaglich auf dem Klavierhocker hin und her »Warum kehren Sie nicht nach Toronto zurück? Stecken Sie dort in Schwierigkeiten?«

Der Maestro lächelte, und das war vielleicht das schönste Lächeln, das Burl je gesehen hatte. So sehr viele waren es ohnehin nicht gewesen.

»Ich habe nur die Schwierigkeiten, die ich mir selbst zusammenbraue«, sagte der Maestro. »Und, wie du ja selbst bemerkt haben dürftest, sind meine Kochkünste nicht so besonders.« (S.76)


Lesezitat nach Tim Wynne-Jones - Flucht in die Wälder


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 02.01.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger