Thema im Literarischen Quartett
am 10.12.1999





Eine Stimme aus dem
ehemaligen Jugoslawien

Dragan Velikic - Dante-Platz

Dragan Velikic, geboren 1953 in Belgrad, wohnt in Budapest. Er gehört zu den jungen Autoren des ehemaligen Jugoslawiens, die heute im Exil leben.

Und einen beträchtlichen Teil der eigenen Lebenserfahrung hat Velikic seinem Alter Ego, dem bekannten Schriftsteller Labud Ivanovic, mitgegeben. Labud wird, wie Velikic, in Pula, Istrien geboren und lebt ebenfalls im Exil, allerdings in München. Sein Herz hat ihm mit zunehmendem Alter häufiger Probleme bereitet. So kommt sein Tod rasch und unspektakulär. Sein letzter Gedanke gilt dem gewischten Parkettfußboden.

In Belgrad arbeitet der diplomierte Romanist Damjan Savic im Keller der Bibliothek. Die Luft, die ihn umgibt ist angefüllt mit Wörtern. Auch wenn die Arbeit als Bibliothekar nicht seiner Ausbildung entspricht, ist Savic zufrieden damit, sein Leben in der Nähe der geliebten Bücher verbringen zu können. Hier träumt er davon, "dass sich in der Stunde, in der die menschliche Gattung stirbt, alle Bücher öffneten, dass aus diesen Büchern die Helden herausgeflogen kämen. Die Bibliotheken würden mit einemmal zu Städten, Tausende Bovarys würden verführerischen Schrittes durch die Parks flanieren,..." Eine angenehme Vorstellung.

Von seinem Chef erhält Savic die Aufgabe, den Nachlass des verstorbenen Labuds zur Veröffentlichung vorzubereiten. Jetzt wird das Leben des Autors, der im ersten Teil des Buches selbst erzählt hat, von außen durchleuchtet und mit Hilfe seiner veröffentlichten Romanen kommentiert.

Wobei dies nicht linear erfolgt, sondern Velikic bricht die Lebensläufe seiner Protagonisten, die zeitliche Einordnung wechselt häufig. Dies ist ein Grund, warum der Zugang zu diesem, sprachlich wunderbar geschriebenen Buch, nicht ganz leicht fällt. Doch die Arbeit wird durch unvergessliche Sätze und Statements belohnt. "Nach einiger Zeit fangen die Menschen an, den Büchern zu ähneln, die sie lesen; ein Geflecht aus Buchstaben und Wörtern, nach beliebiger Übereinkunft zu Sätzen verstrickt, schreibt sich wie in einen Spiegel in das Gesicht desjenigen ein, der lesend vertieft ist in ein Satzgespinst." Einfach schön.






Dragan Velikic - Dante-Platz
Übersetzt von: Bärbel Schulte
Originaltitel: © 1997, "Danteov trg"
1999, Klagenfurt, Wieser Verlag, 384 S.,

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1999-12-08

Quelle: http://www.bookinist.de
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