Rose Tremain - Melodie der Stille (Buchtipp/Rezension/lesen)
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Ein Licht flammt auf.

Bis zu diesem Augenblick, als die Flamme blau aufflackerte, um dann ruhig und gelb in ihrer kunstvollen Glaskugel weiterzubrennen, war der junge Mann von der völligen Dunkelheit eingeschüchtert gewesen, der er sich bei seinem späten Eintreffen auf Schloß Rosenborg plötzlich gegenübergesehen hatte. Er war müde von er langen Seereise, seine Augen brannten, sein Gang war unsicher, und so war er sich über die Art dieser Dunkelheit nicht im klaren. Er hatte den Eindruck, sie sei nicht nur ein äußeres Phänomen, das mir dem tatsächlichen Fehlen von Licht zu tun hatte, sondern gehe von seinem Innern aus, als habe er die Schwelle zu seiner eigenen Hoffnungslosigkeit überschritten.
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Lesezitat nach Rose Tremain - Melodie der Stille


Melodie der Stille
Rose Tremain - Melodie der Stille

"Dänemark ist ein nasses Königreich", als der Lautenspieler Peter 1629 an den königlichen Hof in Kopenhagen kommt.

König Christian IV., aufgedunsen, mit dem Gesicht "wie ein Laib Brot", hat ziemlich merkwürdige Ansichten. So lässt er seine Musiker in einem eiskalten Keller spielen. Seine Frau Emilia, die damit beschäftigt ist, ihre Liebesbeziehung zu dem deutschen Grafen Otto von Salm zu pflegen, steht ihrem Gemahl, der sie nie zur Königin erheben wird, gleichgültig gegenüber.

Wer gute historische Romane schätzt, kommt bei diesem, mit dem renommierten Whitebread- Preis ausgezeichneten Werk, voll auf seine Kosten. manuela haselberger

Rose Tremain - Melodie der Stille
aus dem Englischen von Elfie Deffner
Originaltitel: © 1999, "Music & Silence"
2000, München, Hanser Verlag, 512 S., 23.50 €
2002, München, Dtv Verlag, 509 S., 19.50 €

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Fortsetzung des Lesezitats ...


Er ist erleichtert, als er nun einen getäfelten Raum um sich herum Gestalt annehmen sieht und jemanden sagen hört: "Das ist das Vinterstue. Das Winterzimmer."

Die Lampe wird hochgehoben. Sie brennt jetzt heller, als werde sie von reinerer Luft genährt, und der junge Mann sieht an der Wand einen Schatten. Es ist ein langer, gebeugter Schatten, sein eigener. Es sieht so aus, als habe er von den Schulterblättern bis fast zur Taille eine Mißbildung, einen Buckel. Doch ist das eine Täuschung. Bei dem jungen Mann handelt es sich um Peter Claire, einen Lautenspieler, und bei dem krummen Rücken um seine Laute.

"Möglicherweise", sagt der große Herr, der mir der Lampe weitereilt, "müßt Ihr Seiner Majestät König Christian noch heute abend vorspielen. Er fühlt sich nicht wohl, und seine Ärzte haben ihm Musik verordnet. Deshalb müssen die Musiker des Königlichen Orchesters jederzeit spielbereit sein, bei Tag und bei Nacht. Ich hielt es für das beste, Euch gleich davon zu unterrichten." S. 9


Peter Claires Unbehagen wächst. Er verflucht sich und schilt sich wegen seines Ehrgeizes, der ihn hierher nach Dänemark gebracht hat, so weit weg von all seinen geliebten Stätten und Menschen. Er ist am Ziel seiner Reise und fühlt sich doch verloren. In dieser Ankunft verbirgt sich eine schreckliche Abreise. Und plötzlich bewegt sich die Lampe seltsam schnell, alles im Zimmer scheint eine neue Gestalt anzunehmen. Peter Claire sieht seinen Schatten an der Wand länger werden, sich für ein paar Sekunden bis zur Decke hinauf ausdehnen, um dann von der Dunkelheit verschluckt zu werden, ohne auch nur eine Spur zu hinterlassen.

Sie erreichen nun das Ende des Flures, und der Herr bleibt vor einer Tür stehen. Er klopft und wartet, legt einen Finger an die Lippen und beugt sich zur Tür, um die Aufforderung zum Eintreten zu hören. Schließlich ertönt eine tiefe und gemächliche Stimme, und im nächsten Augenblick steht Peter Claire vor König Christian, der im Nachthemd auf einem Stuhl sitzt. Auf einem kleinen Tisch vor ihm befinden sich eine Waage und daneben ein Haufen Silbermünzen.

Als der König aufblickt, verbeugt sich der englische Lautenspieler. Peter Claire wird sich immer daran erinnern, wie erstaunt König Chrisrian aussieht, als er seiner in dieser dunklen Winternacht zum erstenmal ansichtig wird und ihm aufmerksam ins Gesicht schauend nur ein einziges Wort flüstert: "Bror."

"Wie bitte, Sir . . .?" fragt Peter Claire.

''Nichts!" antwortet der König. ''Ein Gespenst. Dänemark ist voller Gespenster. Hat Euch niemand davor gewarnt?"

"Nein, Euer Majestät!" S. 10

Lesezitate nach Rose Tremain - Melodie der Stille


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 28.08.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger

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