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Generation "P"

Viktor Pelewin - Generation "P"

Viktor Pelewin gehört wie der Held seines Romans, Tatarski, zur Generation P: "eine unbekümmerte junge Generation, die dem Sommer, der Sonne und dem Meer zulächelte – und Pepsi wählte."

Tatarski, der als Lyriker scheitert, kommt zu ungeahnten Erfolgen, als er sein Können in den Dienst der aufstrebenden Werbebranche stellt. Er wird ein überaus erfolgreicher Werbetexter.

Schwierig wird es für ihn nur, als er den lukrativen Auftrag bekommt, eine neue "russische Idee" zu kreieren, mit dem dazu passenden Werbekonzept.

Pelewin glänzt mit einer munter und sehr frech erzählten Satire auf das post-sowjetische Absurdistan.
Lesealter ab 14 Jahren


Viktor Pelewin - Generation P

Aus dem Russischen von Andreas Tretner
Originaltitel "Generation >>P<<" © 1999, Moskau

© 2000, Berlin, Volk & Welt, 324 Seiten, 21.50 € (HC)
© 2000, Berlin, Ullstein TB-Vlg , 323 Seiten,   8.95 € (HC)

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Es gab eine Zeit, da lebte in Rußland tatsächlich eine unbekümmerte junge Generation, die dem Sommer, der Sonne und dem Meer zulächelte - und Pepsi wählte.

Wie es dazu kam, läßt sich heute kaum mehr feststellen. An den geschmacklichen Qualitäten des Produkts wird es nicht ausschließlich gelegen haben. Auch nicht am Koffein, das die jungen Leute nach immer neuen Dosen verlangen läßt und schon von Kindesbeinen an ins Kokainfahrwasser lockte. Vermutlich gab nicht einmal banales Schmiergeld den Ausschlag - der Parteibürokrat, von dem die Unterzeichnung des entsprechenden Vertrags abhing, wird die prickelnde dunkle Flüssigkeit einfach liebgewonnen und mit allen Poren seiner vom Kommunismus abgefallenen Seele genossen haben.

Der entscheidende Grund dürfte gewesen sein, daß die Ideologen der UdSSR damals immer noch der Meinung waren, es könne nur eine einzige Wahrheit geben. Darum hatte die Generation P eigentlich keine Wahl, und die Kinder der sowjetischen siebziger Jahre wählten Pepsi auf die gleiche Art, wie ihre Eltern Breshnew wählten.

Jedenfalls lagen diese Kinder den Sommer über am Strand, verguckten sich in den wolkenlos blauen Horizont, trockenlauwarme Pepsi-Cola, abgefüllt im südrussischen Noworossijsk, und träumten davon, daß die ferne, verbotene Welt jenseits des Meeres irgendwann einmal in ihr Leben treten würde.

Es vergingen zehn Jahre, und diese Welt trat ein - zaghaft zunächst und mit höflichem Lächeln, dann immer forscher und anmaßender. Eine ihrer Visitenkarten war jener Pepsi-Cola-Werbespot, der, wenn man Experten glauben darf, zu einem Wendepunkt in der Entwicklung der Weltkultur wurde.

Darin stellten sich zwei Affen dem Vergleich. Der eine soff "gewöhnliche Cola" und sah sich in der Folge zu einfachsten logischen Operationen mit Würfeln und Stäbchen in der Lage. Der andere war Pepsi-Cola-Trinker. Sich fröhlich auf die Brust trommelnd, düste er mir seinem Jeep in Richtung Meer davon, im Arm mehrere Jungfern, die augenscheinlich bereit waren, auf die Gleichberechtigung der Frau zu husten. (Im intimen Umgang mir Primaten sollte man sich derlei Dinge ohnehin aus dem Kopf schlagen, denn Gleichberechtigung ist genauso schmerzlich wie Nichtgleichberechtigung.)

Im Grunde hätte einem schon damals klar sein können, daß ds nicht um Pepsi-Cola ging, sondern um das Geld, das dahinterstand. Erstens sprach die klassische Freudsche Assoziation dafür, wie die Farbe des Produkts sie auslöst, zweitens die suggerierte Logik, daß der Genuß von Pepsi-Cola den Erwerb teurer Autos ermöglicht. Doch verzichten wir an dieser Stelle auf eine tiefer gehende Analyse des Spots (obwohl sich vielleicht Hinweise ergäben, warum die Protagonisten der Generation P von den sogenannten Altsechzigern hartnäckig als Scheißeschlucker tituliert werden). Für uns soll hier nur wichtig sein, daß der Affe im Jeep zum ultimativen Symbol für die Generation P geworden ist.

Dabei war es durchaus ein wenig kränkend zu sehen, wie die Jungs von den Werbeagenturen auf der Madison Avenue sich ihre Zielgruppe vorstellten. Andererseits konnte man ihre tiefe Kenntnis des Lebens nur bewundern. Denn just dieser Spot war es, er der großen Zahl vor sich hin dämmernder Affen in Rußland zu verstehen gab, daß es an der Zeit war, von den Bäumen herunterzukommen, sich in die Jeeps zu setzen und den Menschentöchtern einen Besuch abzustarten. S. 9-10
Lesezitat nach Viktor Pelewin - Generation P


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 6.8.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger