Klaus Modick - Vierundzwanzig Türen (Buchtipp/Rezension/lesen)
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Es war nun schon fast zehn Jahre her und kam mir wie gestern vor, daß eines Tages Lauras leises Wimmern, das schnell in hemmungsloses Schluchzen überging, aus dem Kinderzimmer drang. Entsetzt sprang ich vom Schreibtisch auf und hastete über die Treppe nach oben. Stacy war nicht im Haus, Miriam im Kindergarten, und ich hatte hoch und heilig versprochen, mich um Laura zu kümmern. Sollte ich etwa meine väterliche Fürsorge- und Aufsichtspflicht verletzt haben? Wälzte sich die Vierjährige, nachdem sie gefallen war, sich gestoßen, sich womöglich mit einer Schere oder dergleichen verstümmelt hatte, bereits in ihrem unschuldigen Blut? Sie wälzte sich, in der Tat. Sie wälzte sich auf dem Teppich vor dem überquellenden Kleiderschrank der Kinder und heulte Rotz und Wasser. Eine Verletzung oder gar Blut waren zum Glück nicht auszumachen. Ich nahm sie in die Arme, versuchte sie zu beruhigen, was auch gelang, und fragte schließlich nach dem Grund ihres brüllenden Kummers. Die Antwort, hervorgestoßen unter einem erneuten Heulschwall, brachte mir schlagartig eine unausweichliche Dimension meiner Zukunft als Vater zweier Töchter zu Bewußtsein. Sie lautete nämlich: Ich weiß nicht, was ich anziehen soll!
Diese herzzerreißende Szene mit dem unvergeßlichen, seither ..... S. 208-209


Lesezitat nach Klaus Modick - Vierundzwanzig Türen



Buch von Klaus Modick:

gebunden:

  • Milder Rausch © 1998

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    Ein besonderer Adventskalender
    Klaus Modick - Vierundzwanzig Türen

    Für alle Leser, die auch in der Adventszeit nicht auf ihre gewohnte Portion an gutem Lesefutter verzichten möchten, und sich nicht mit wohlklingenden Sprüchen oder einer Shortstory zufrieden geben, hat sich der bekannte Autor Klaus Modick dieses Jahr eine besondere Überraschung einfallen lassen: Er hat den ersten deutschen Weihnachtsroman geschrieben.

    Nein, keine Angst, da kommt nichts Kitschiges oder Romantisches. Es sind zwei Geschichten, eine aus der Gegenwart, die andere aus der Nachkriegszeit, die nebeneinander erzählt werden und erst ganz am Schluss, werden sie zusammengeführt.

    "Adventskalender sind ja so was von mega-out", so sieht es Miriam, eine der halbwüchsigen Töchter der Familie des Autors. Und auch ihre Schwester hat eigentlich für solchen Babykram keinen Nerv. Viel interessanter wäre zu Weihnachten ein eigenes Handy, schließlich hat das jeder in der Klasse. Doch der Adventskalender, den die Mutter von einem alten Mann geschenkt bekommen hat bezaubert schließlich auch die hartnäckigsten Weihnachtsverweigerer mit seinen schlichten Zeichnungen.

    Diese schwarz-weißen Bilder erzählen einen Kunstdiebstahl aus der Nachkriegszeit. Um auf dem Schwarzmarkt Lebensmittel und Heizmaterial organisieren zu können, begehen drei Männer ein Verbrechen. Ein Schneesturm zwingt sie zur Einkehr auf einem abgelegenen Gehöft. Hier liegt eine junge Bäuerin in den Wehen.

    Klaus Modick hat bei beiden Erzählungen ganz besonderen Wert auf die Stimmigkeit der Details gelegt. Da sitzt der Tauchsieder und die Tasse Ersatzkaffe aus Gerstenmalz ebenso an der richtigen Stelle, wie heute die Diskussion mit den Töchtern um Jogginghosen von Adidas, die nur mit den Streifen an der Seite wirklich echt und damit eben cool sind. Kein Normalo käme auf die Idee mit den Teilen irgendwohin zu joggen, versichern die beiden. In der Kindheit des Autors gab es dieselben Hosen als Trainingshosen, aus schlichter Baumwolle, mit eingenähten Gummibändern am Bund. Natürlich längst nicht cool. Damals hieß das knorke.

    "Vierundzwanzig Türen" bieten deutsche Geschichte der fünfziger Jahre, unterhaltsame Familienszenen aus der Gegenwart, witzig erzählt und in gut lesbare Portionen verpackt. Für einen Adventskalender ganz schön viel. © manuela haselberger



    Klaus Modick - Vierundzwanzig Türen
    2000, Frankfurt, Eichborn Verlag, 283 S.,

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    Fortsetzung des Lesezitats ...

    Adventskalender sind ja so was von mega-out, befand Miriam, verzog dabei das Gesicht zu einer Grimasse aus Abscheu und Verachtung und stülpte sich wieder den Kopfhörer ihres Walkman über die Ohren. Geräuschbrei flirrte durch den Raum, Beatles-Recycling der Gruppe Oasis - der dritte Aufguß. Uncool sind die!
    Schrei nicht so, sagte ich. Wir sind doch nicht schwerhörig.
    Was hast du gesagt? Sie lüftete überm linken Ohr den Kopfhörer.
    Daß du nicht so brüllen sollst.
    Muß ich doch. Sie ließ den Kopfhörer wieder ans Ohr flappen. Sonst versteh ich nicht, was ich sage.
    Auch gut, sagte Stacy, dann gibt's dies Jahr wenigstens keinen Streit, wer die Türchen aufmachen darf. Sie nickte Laura aufmunternd zu. Du kannst jetzt Nummer Eins aufklappen.
    Doch Laura zog die Nase kraus, dachte also intensiv nach, und ließ wie abwägend noch etwas von dem an der Kerze herunter gelaufenen und erstarrten Wachsstrang in die Flamme tropfen. Dann schaute sie zweifelnd zu ihrer großen Schwester hinüber, legte sogar die glatte Stirn in grüblerische Falten und sagte schließlich entschlossen: Nö.
    Was heißt denn hier nö? Sollen Mama und ich etwa die Türchen aufmachen?
    Von mir aus, sagte Laura, mehr melancholisch als patzig, und hielt ein Zweigende des Adventskranzes in die Kerzenflamme. Es prasselte und zischte und roch nach meiner eigenen Kindheit. Möglich, daß mich mit knapp fünfzehn, in Miriams Alter also, Adventskalender auch nicht mehr so recht vom Hocker gerissen hatten. Aber mit dreizehn? Mit den zarten dreizehn meiner kleinen Laura?
    Als ich in eurem Alter war, sagte ich, also jedenfalls in deinem, da war ein Adventskalender was ganz Besonderes, etwas wie ... Oasis-Fetzen fiepten durch Rauchschwaden. Paß doch mit dem Zweig auf! Du zündest uns noch das ganze Haus an!
    Ist ja schon gut, Papa, sagte Laura, wenn ich dir damit eine Freude machen kann ... Sie ließ den verkohlten Zweigrest auf die Tischdecke fallen, schob im Sitzen den Stuhl zurück, daß er über die Fliesen schepperte, stand auf und schlurfte zum Kaminsims.
    Mir eine Freude machen? Für wen veranstalten wir eigentlich den ganzen Advents- und Weihnachtszauber? Weihnachtsgeschenke wollt ihr dann ja vermutlich auch keine mehr haben. Soll mir recht sein, murmelte ich, griff nach dem Teller mit Nüssen und Spekulatius und knackte laut und demonstrativ eine Haselnuß.
    Ich wünsch mir auf jeden Fall die neue CD von ..... S. 7-8

    Lesezitate nach Klaus Modick - Vierundzwanzig Türen



    © 13.11.2000 by
    Manuela Haselberger
    Quelle: http://www.bookinist.de