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  Lesealter: 8 Jahre  



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Es war wirklich alles ganz einfach. Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt. Von unserem Ferienhaus. Das steht in der Toscana, ganz allein, auf einem Hügel, mit Olivenbäumen drum herum, und weit und breit Ist nichts, bloß Hügel und Landschaft, und bis zum Dorf ist es weit. Der Schlüssel, der hängt an der zweiten Säule rechts oben von der Terrasse. Da hat ihn meine Mutter hingehängt, als sie unser Ferienhaus abgesperrt hat.

"Und jetzt bringe ich dich ins Ferienlager ans Meer, zu den netten italienischen Kindern, und ich möchte keine Widerrede hören, Robert", hat sie gesagt. Meer habe ich gerne, nette italienische Kinder manchmal auch , aber Ferienlager mag ich nicht. Weil ich genau gewusst hab, meine Mutter wollte mich bloß mal wieder los sein für einige Tage. Und gut versorgt wissen. "In guten Händen" nennt sie das. Immer, wenn wir beide hier im Ferienhaus sind, komme ich einige Tage lang in gute Hände. Ich mag das nicht . . . Sie fährt dann weg, und genau sagt sie nicht, wohin sie fährt. Sie sagt bloß was von "Ausflug in die nähere Umgebung" .Das mit der näheren Umgebung, das stimmt nicht. Weil sie vorher unser Auto immer ganz voll tankt, ich hab genau aufgepasst. S. 7


Lesezitat nach Gudrun Mebs - Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt


Ferien à la Robinson
Gudrun Mebs - Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt

Eigentlich will es Roberts Mutter ihrem Sohn nur recht machen: ein paar Tage ins Ferienlager, mit anderen Kids zusammen spielen, da schlägt doch jedes Kinderherz höher. Doch Robert findet Ferienlager öde. "Ich möchte nicht in so einem doofen Ferienlager sein, das ist so weggeschickt." Und da denkt er sich einen eigenen Plan aus.

Sobald die Mutter ihn abgesetzt hat, wird er sofort zurück in ihr eigenes Ferienhaus trampen. Das steht in der Zeit, in der die Mutter die freien Tage bei ihren Freunden genießen möchte, leer. Schließlich weiß Robert ja, wo der Schlüssel hängt.

Allerdings, der geniale Plan hat einige Schönheitsfehler. Die Vorräte im Haus, ein Glas Marmelade, einige armselige Nudeln und zwei Büchsen Erbsen, sind viel zu früh aufgebraucht. Auch die Wasserflasche ist leer. Um wie ein Erwachsener alleine zu leben, muss sich Robert einige gute Ideen einfallen lassen. Er schlägt sich ganz erfolgreich im Kampf mit heißem Nudelwasser und widerspenstigen Büchsenöffnern.

Als eines Morgens Wolfgang mit seinem sympathischen Hund Enel um die Ecke biegt, ist er aber doch ziemlich erleichtert. Nach einigen Tagen Einsamkeit, ist es schön, sich wieder mit jemandem unterhalten zu können. Ganz so unbeschwert ist das Robinson Leben doch nicht.

"Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt" ist ein Kinderroman, der mit leisen Tönen von den Problemen des Alleinseins erzählt. Dabei nimmt Gudrun Mebs, eine vielfach ausgezeichnete Kinderbuchautorin, ihre Hauptfigur Robert ernst. Sehr feinfühlig erzählt sie von seinen unglaublichen Anstrengungen, das Leben wie ein Erwachsener bewältigen zu wollen.

Mit wenigen Bleistiftstrichen belebt Rotraut Susanne Berner mit zahlreichen Illustrationen dieser außergewöhnliche Feriengeschichte.
Lesealter ab 8 Jahren



Gudrun Mebs -
Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt
Illustrationen von Rotraut Susanne Berner, © 1987
© 2000, Zürich, Unionsverlag, 124 S., 6.90 € (HC)
© 2002, Carlsen Verlag, 190 S., 6.50 € (TB)

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Fortsetzung des Lesezitats ...

Sie ist abgefahren und ich bin brav hin zum Ferienlager . . . fünf Schritte. Dann bin ich wieder umgekehrt, zur Straße hin, und mich hingestellt und den Daumen gehoben. Das war mein Plan. Ich tu so, als ginge ich, und dann gehe ich doch nicht, sondern fahre wieder heim. Mit Autostopp. Ich hatte überhaupt keine Angst, dass mich niemand mitnimmt. Kinder werden hier immer mitgenommen, das weiß ich. Weil, hier zählen Kinder was. Kinder dürfen abends aufbleiben, so lange, wie sie wollen. Das finde ich toll. Ich darf das nämlich nicht. S. 12

Alleine sein, so lange, das darf auch in Italien kein Kind. Ich bin ausgestiegen und hab mich bedankt, so halb auf Deutsch und ganz wenig auf Italienisch. Endlich war ich da, vor unserer Tür. Mein Plan hat geklappt, ich war ja vielleicht froh. Ich hab geschwitzt und gekeucht undhab meinen Rucksack auf die Schwelle geschmissen. Hurra, ich bin da! Keiner hat mich erwischt! Ich bin da, Mama! Und zwar alleine, Mama, ätsch! S. 13-14

Der Mond ist gekommen, die Bäume haben Ränder und wackeln ein bisschen im Wind, ich kann die Bäume deutlich sehen. Der Wind fährt über meine Knie, wie eine Enel-Zunge, waschlappenlang, der Wind Ist kühl . . . Mama ist weg. Das Märchen ist weg . . . ich muss pinkeln, sofort. Heut pinkel ich draußen, vorm Haus, ins Gebüsch hinein. Ich fürchte mich nicht, ich bin doch Robert der Starke. Und außerdem sieht mich ja keiner, bloß Mond mit Delle und Sterne... ich pinkel jetzt denen ins Gesicht, so hoch ich kann. Ich kann hoch, auch im Dunkeln . . . S. 80

Ich hab was gemacht und ich hab es schnell gemacht, und Ich hab es gut gemacht und ich hab es nicht gerne gemacht, dann aber doch, weil manche Sachen, die muss man machen ,auch wenn man sie nicht gerne macht. Weil sie auf einer Liste stehen für den ordentlichen Tag. Und was man sich vorgenommen hat, das muss man auch zu Ende bringen. Und wenn man es zu Ende gebracht hat, dann . . . S. 88
Lesezitate nach Gudrun Mebs - Ich weiß ja, wo der Schlüssel hängt


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© 29.09.2000 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de