Rebecca Gablé - Das zweite Königreich (Buchtipp/Rezension/lesen)
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Helmsby, März 1064

"Bei Gott, was für ein Treffer, Cædmon! Wer so mit einer Schleuder umgehen kann wie du, kann seinen Bogen getrost verfeuern." Dunstan klopfte seinem jüngeren Bruder so kräftig auf den Rücken, daß dieser sich unauffällig mit der Linken auf den Sattelknauf stützte.

Cædmon strahlte, glitt aus dem Sattel und lief die fünfzig oder sechzig Schritte, die ihn von seiner erlegten Beute trennten. Es war ein einjähriger Rehhock. Er lag reglos auf der Seite, auch die Vorderläufe zuckten nicht mehr. Sein braunes Auge starrte in den weißgrauen Himmel hinauf, der noch weitaus mehr nach Winter denn nach Frühling aussah. Auch der Waldboden unter Cædmons dünnen, knöchelhohen Lederschuhen fühlte sich noch hart an. Die alten, dicht stehenden Bäume zeigten nicht den leisesten Hauch von Grün, aber die ersten verwegenen Narzissen blühten im struppigen Gras des Vorjahres.

Dunstan war ebenfalls abgesessen und trat zu seinem Bruder. "Meisterhaft", wiederholte er und nickte nachdrücklich. "Mitten zwischen die Augen. Ich wette, er war schon tot, ehe er umfiel. Wie machst du das nur?"

Der Junge hob unbehaglich die Schultern und winkte verlegen ab. Dunstan war sechzehn, zwei Jahre älter als er, und für gewöhnlich sehr sparsam mit seinem Lob. "Ich weiß nicht. Ich ... seh' auf den Punkt, den ich treffen will, und hör' auf das Singen der Schleuder über meinem Kopf. Und dann...."

Dunstan verpaßte ihm eine Kopfnuß der eher sanften Sorte. "Ja, ja. Erspar mir den lehrreichen Vortrag."

Aber du hast gefragt, dachte Cædmon verständnislos.
"Jetzt ist jedenfalls endlich Schluß mit dem verfluchten Pökelfleisch" S. 7
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Lesezitat nach Rebecca Gablé - Das zweite Königreich


William, the Conqueror
Rebecca Gablé - Das zweite Königreich

ædmon ist ein seltsamer Name für einen englischen Jungen. Aber seine Mutter stammt aus der Normandie und da er der zweitgeborene Sohn war, machte sein adeliger Vater Ælfric of Helmsby ein Zugeständnis.

Als allerdings Earl Harold Godwinson im Auftrag des alternden englischen Königs mit Herzog William aus der Normandie über die Erbfolge verhandeln soll, erbittet dieser von Ælfric einen seiner Söhne als Dolmetscher für diese Aufgabe.

Die Wahl fällt auf Cædmon, der durch einen Pfeil dänischer Piraten vor einiger Zeit schwer verletzt, nur noch humpeln kann.

Die Überfahrt in die Normandie ist alles andere als nur eine kurze Seereise. Cædmon wird schiffbrüchig, gelangt zunächst in Gefangenschaft und kann in einer spektakulären Aktion an den Hof Williams fliehen.

William, soll nach dem Tod des engl. Königs dessen Nachfolger werden - allerdings lässt sich Harold Godwinson, trotzdem er seinen eigenen Bruder und auch Cædmon als Geiseln bei William zurückgelassen hatte, selbst zum König ausrufen.

William, der Bastard, ein stämmiger und gewalttätiger Potentat, rüstet darauf zur Heerfahrt gegen England: Bei Hastings erleben die Engländer eine der vernichtendsten Schlachten ihrer Geschichte.

Fortan herrscht William auch über England und Cædmon kommt bei der Eroberung und späteren Herrschaft über England als Dolmetscher und Vertrauter des neuen Königs eine Schlüsselrolle zu.

All zu oft muss er für die eigenen Landsleute diplomatisch vermitteln und versagt doch ab und an so schrecklich, wenn der mörderische Charakter Williams überhand nimmt und er ganze Landstriche abschlachten lässt.

Neben der Herrschaftsgeschichte Williams hat die Autorin Rebecca Gablé selbstverständlich auch eine zunächst unglückliche, aber sehr zarte Liebesgeschichte eingeflochten und, um den Überblick über die verschiedenen, politischen Lager wie das der Engländer, Dänen, Schotten, Franzosen und Normannen am besten behalten zu können, den Verlauf der Geschichte an die einzelnen Mitglieder der Familie des Thane of Helmsby geknüpft.

Cædmons großer Bruder ist bei den englischen Verschwörern, sein kleiner Bruder ein später einflussreicher Mann der Kirche und seine Schwester heiratet heimlich zu allem Überfluss einen dänischen Spion.

Die Charaktere sind fein herausgearbeitet, viele Details aus dem Leben von Menschen, die um 1066 in Europa lebten, sind facettenreich im Romangeschehen verwoben. Kein " Der Name der Rose", aber ein ordentlich recherchierter und handwerklich sauber geschriebener historischer Roman, der spannend bleibt und sich an vielen Stellen die Mühe macht mehr in die Psyche der Personen hineinzuleuchten als in langatmige Beschreibungen von wüstem Schlachtengetümmel. Allerdings bleibt dabei oft das Hintergrundverständnis für manche politischen und militärischen Entscheidung der Hauptperson, nämlich Williams, des Eroberers, auf der Strecke. Der Unterhaltungswert ist deswegen beim Lesen des Romans wohl höher, als die historische Erkenntnis, obwohl Rebecca Gablé Wert darauf gelegt hat, in einer dramatis personae, kenntlich zu machen, welche Personen real und welche ihrer schriftstellerischen Phantasie entsprossen sind.

Und last and least aufgrund seines Umfangs von 879 Seiten ein Buch, das all jene Leser zufrieden stellt, die sonst bereits nach wenigen hundert Seiten ihre so lieb gewonnene, historische Welt verlassen müssen. © thomas haselberger

zur Homepage von Rebecca Gablé

Rebecca Gablé - Das zweite Königreich
© 2000, München, Ehrenwirthverlag, 879 S., 24.90 € (HC)
© 2000, Lübbe Verlag, 879 S., 9.90 € (TB)


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Fortsetzung des Lesezitats ...

"Wenn du dich rührst, bist du tot", raunte eine heisere Stimme ihm auf normannisch.

Cædmon fuhr zusammen, blieb aber unbewegt mit dem Gesicht im Sand liegen und antwortete: "Viel ist ohnehin nicht von mir übrig. Soll ich liegenbleiben, bis die Flut kommt und sich den Rest von mir holt?" Er hörte ein leises Keuchen, das vielleicht ein Lachen war. "Steh auf. Langsam. Hände auf den Rücken."

"Ich glaube nicht, daß ich das kann." Seine Arme und Beine bebten vor Schwäche, es war, als wären all seine Knochen zu Wasser geworden. "Bist du Engländer? Wir haben schon ein paar aus dem Wasser gefischt. Aber keiner verstand unsere Sprache."

"Ja, ich bin Engländer. War ein junger Mönch unter denen, die ihr retten konntet?"

"Wir haben niemanden gerettet, Bürschchen. Wir haben sie gefangengenommen. Dieses Land gehört Gomte Guy de Ponthieu."

Gaedmon hob den Kopf aus dem Sand. "Ich bitte vielmals um Vergebung, hier ungebeten angespült worden zu sein."

Zwei große Hände umfaßten seine Oberarme und zerrten ihn in die Höhe. "Komm auf die Füße. Ich will hier draußen nicht die Nacht verbringen."

Der Soldat war ein hagerer, eher kleiner Mann in fadenscheinigen Kleidern, aber das knielange Kettenhemd und das Schwert an seiner linken Seite schienen von erstklassiger Qualität. Eine Streitaxt trug er nicht. Auch keinen Helm, und da er der erste leibhaftige Normanne war, den Cædmon zu Gesicht bekam, fiel es dem Jungen nicht leicht, seine Verblüffung zu verbergen. Wäre er nicht so vollkommen erschöpft gewesen, hätte er sich das Lachen wohl kaum verkneifen können: Der Mann vor ihm war vollkommen bartlos, und damit nicht genug, war sein leicht eigrautes, dunkles Haar auf höchst seltsame Weise geschoren. Es hing ihm in kurzen Fransen über die Stirn, zog sich in einer leichten Rundung um den Kopf, di die Ohrläppchen freiließen, und war hinten gerade abgeschnitten, so kurz, dass sein Nacken zu sehen war. "Was starrst du mich so an, he?" Cædmon senkte eilig den Blick. S. 60

Lesezitate nach Rebecca Gablé - Das zweite Königreich








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© 15.7.2001 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de