Anna Dankowtsewa - So helle Augen (Buchtipp/Rezension/lesen)




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Klappentext

Moskau taut auf - das vielversprechende Debüt einer neuen russischen Autorin!

"Die russische Literatur galt bisher als Synonym für Schwermut. Dieses Klischee ist veraltet. Die Unterhaltung boomt."
Olga Martynova / Rheinischer Merkur, Bonn

Xenia hat ihr Leben fest im Griff. Sie führt ein glückliches Privatleben mit Ehemann Sergej und der pubertierenden Tochter Anja. Gerade von einem Kongreß in Weimar heimgekehrt, organisiert sie mit der chaotischen, immer frisch verliebten Freundin Vera, der arbeitslosen Übersetzerin Marina und ein paar anderen guten Freunden ein fröhliches Silvesterfest. Xenias Praxis als Psychoanalytikerin boomt, es kommen bereits mehr Patienten zu ihr, als sie annehmen kann. Da wird sie von einer Kollegin gebeten, einen Fall zu übernehmen, mit dem sie nicht zurecht kommt. Widerwillig, und nur weil sie der Kollegin noch einen Gefallen schuldet, läßt sich Xenia auf ein erstes Beratungsgespräch ein. Doch der neue Patient beginnt sie zu interessieren, ja er zieht sie mit seiner Intelligenz und seinem Charme völlig in Bann. Xenia ist von dem Fall so fasziniert, daß sie lange nicht bemerkt, wie sie Stück für Stück den Boden unter den Füßen verliert.

Mit diesem ersten Psychothriller, der Teil eines Zyklus ist, in dem immer eine andere Frau des Freundinnen-Trios im Vordergrund steht, ist Anna Dankowtsewa ein wunderbares Debüt gelungen.

Anna Dankowtsewa, geboren 1961 in Tambow, Zentralrußland. Sie verbrachte ihre Kindheit mit ihrer Familie in Weimar. Sie studierte Informatik und schloß eine Theaterschule ab. Von 1987-95 arbeitete sie am Moskauer Theater Eremitage als Assistentin des Direktors. Ihre ersten Bücher, die 1995 erschienen, waren Abenteuerromane und populärwissenschaftliche Bücher für Kinder. I996~98 arbeitete sie als Kinderbuchlektorin und als freie Mitarbeiterin für verschiedene Magazine. Seit 1998 ist sie Redakteurin bei >Radio Liberty< in Moskau. Derzeit schreibt sie an ihrem dritten Roman.


Klappentext:
Anna Dankowtsewa -
So helle Augen
© Diogenes


Der Kommissar und die Psychoanalytikerin
Anna Dankowtsewa - So helle Augen

enia, fünfunddreißig Jahre alt, lebt in Moskau und ist von Beruf Psychotherapeutin. Von einer Kollegin wird ihr ein schwieriger Patient zugeteilt, der überaus intelligent ist und sich selbst hervorragend analysiert. Xenia ist gleichzeitig abgestoßen und fasziniert von diesem Mann.

Währenddessen geht in der Stadt ein Serienmörder um. Der pensionierte Kommissar Gurko, der sich zusammen mit seiner Frau am liebsten nur noch um die exotischen Tiere in seiner privaten Tierpension kümmern würde, wird durch den Tod seiner jungen Nachbarin in die Ermittlungen hineingezogen. Für das kinderlose Ehepaar Gurko war Irischka wie eine Tochter und Gurko zieht noch einmal alle Register, um den Mörder zu finden.

So beginnen Xenia und Gurko sich unabhängig von einander mit dem gleichen Mann zu beschäftigen. Wobei Xenia instinktiv spürt, dass sie in Gefahr ist, sie fühlt sich belauert, beobachtet, kann sich aber rational keine Erklärung dafür geben und zieht sich immer mehr in ihr Schneckenhaus zurück, während ihre Gedanken unablässig versuchen, die Bedrohung zu fixieren. Erst Xenias Mann Sergej findet die richtige Spur: "Liebe verändert Menschen oder Angst."

Russische Krimis sind im deutschsprachigen Raum augenblicklich sehr gefragt. Mit ein Grund liegt sicher darin, dass sich dort gegenwärtig immense gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Umwälzungen abspielen, die den Alltag ganz unmittelbar betreffen. Und wie kann dies besser als in einem spannenden Krimi dargestellt und für den interessierten Leser erfahrbar gemacht werden?

Im Gegensatz zu ihrer sehr erfolgreichen Kollegin Polina Daschkowa mit ihrem hervorragenden Thriller "Die leichten Schritte des Wahnsinns", hat Anna Dankowtsewa ihre Handlung überschaubarer, reduziert auf wenige Personen, angelegt. Sie schildert Moskau aus einer sehr individuellen Sicht. Die beiden wichtigsten Perspektiven nehmen der Pensionär und die junge Intellektuelle ein. Es sollen weitere Kriminalromane folgen, in denen jeweils die beiden Freundinnen von Xenia die Hauptrollen spielen. Lassen wir uns überraschen. © manuela haselberger


Anna Dankowtsewa - So helle Augen
Originaltitel: Sag v levo, 2000
Übersetzt von Christa Vogel
2001, Zürich, Diogenes, 225 S.,

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Lesezitat ...

"So da habt ihr euer Frühstück", sagte Pjotr Wassiljewitsch Gurko, als er mit einem Tablett in den Händen ins Zimmer kam. Er betrat sozusagen das Allerheiligste seiner Wohnung - den Raum, der von den Tieren bewohnt wurde. "Na, mal sehen wer da Hunger hat."

Bei seinem Eintritt erhob sich sofort ein unglaublicher Tumult. Die Meerkatze Dosja kreischte hysterisch auf, wobei sie ihr rosafarbenes Zahnfleisch entblößte. Ihre sorglosen reichen Herrchen feierten irgendwo auf Hawaii Neujahr; Papageien aller Farben und Größen krakeelten und zwitscherten; das schwarzbeinige Mungoweibchen mit dem komplizierten Namen Maria Rosa Pilar, kurz Mascha genannt, begann in ihrem Käfig graziös hin und her zu springen; und auch der sonst zu dieser Tageszeit schlafende Lemur Chudja streckte den kleinen Kopf mit den riesigen Ohren und den traurigen schwarzen Augen aus seinem an der Käfigdecke hängenden Beutel heraus.

"Ihr seid ja ganz ausgehungert, meine kleinen Faulpelze", gurrte Pjotr Gurko zärtlich, während er das Frühstück an seine Schützlinge verteilte.

"Kerrrry ist schööön!" schnarrte Kerry, wobei sie mit der Kralle ein Stückchen Apfel aus Pjotr Gurkos Hand nahm. Das perigraue Papageienweibehen war die einzige Dauerbewohnerin dieses Zoos. S. 5

Xenia wachte auf, als es in der Wohnung schon ganz dunkel war und bekam sofort Angst. Sie hatte Angst, sich auf dem Sofa zu bewegen, sie konnte sich nicht von der Stelle rühren, sie konnte nur mit zitternden Lippen flüstern: "Steh auf und mach das Licht an... Steh auf, du blöde Kuh, und mach das Licht an..."

Die elektronische Uhr an der Wand zeigte halb sieben an. "Es ist noch gar nicht spät", redete sich Xenia zu. "Draußen ist noch Hauptverkehrszeit... Du mußt nur aufstehen und das Licht anmachen... "

Aber sie blieb auf dem Sofa liegen und war nicht in der Lage, die Hand zu bewegen, während sie unwillkürlich auf die Stille in der Wohnung lauschte. Das war die allerschlimmste kindliche Angst und Xenia kniff wie ein Kind die Augen zusammen, preßte das Gesicht in den Velourstoff des Sofas und deckte sich den Kopf mit einem Kissen zu.

Aber so war es noch schlimmer. Da warf sie das Kissen weg und zwang sich mit unglaublicher Willenskraft aufzustehen. Jetzt erschien ihr die Dunkelheit als Rettung. Xenia ging zur hellen Öffnung des Fensters. Der Blick auf die unten fahrenden Autos mit den grellen Scheinwerfern und die Fußgänger auf der Straße beruhigte sie ein wenig. Da draußen ging das Leben seinen normalen Gang. Sie mußte nach unten, unter die Leute, wo sie sich nicht als verlassenes Kind fühlen würde, das mit der unsichtbaren Gefahr allein gelassen worden war...

Plötzlich klingelte das Telefon. Da sie dachte, es könnte Sergej sein, lief Xenia an den Apparat und nahm den Hörer ab. "Hallo!" S. 185

"Ich meine diesen Irren."
"Das denkst du, daß es ein Irrer ist. Aber in Wirklichkeit gibt es keinen Irren. Einfach ein Mord. Möglicherweise aus ganz banalen Gründen, ein Raubmord beispielsweise.
In der Leitung herrschte Schweigen.
"Nikolaj ?"
"Ja?"
"Kannst du mir nicht einfach einen Gefallen tun?

"Verhafte bitte Oleg Kowtun, den wissenschaftlichen Mitarbeiter der Gerichtspsychiatrie des Serbskij-Instituts.
Schanin sprang auf.
"Bist du verrückt geworden?! "
"Ich bitte dich sehr darum. Halte ihn wenigstens für vierundzwanzig Stunden fest. Ich muß jemanden warnen... "

"Weißt du was", erboste sich Nikolaj. "Hör auf mit deinen Späßen! Du bist pensioniert, du kannst dir alles erlauben. Aber ich arbeite noch, und ich kriege eins auf den Deckel und nicht du."

Gurko schwieg wieder lange. Dann fragte er: "Aber kannst du wenigstens überprüfen lassen, wo er ist? Zu Hause oder am Arbeitsplatz? Bei jemandem zu Besuch oder... "

"Na schön", sagte Nikolaj plötzlich sanfter. "Aber nur deinetwegen. Ich schicke meine Leute. Sollen sie diesen wissenschaftlichen Mitarbeiter ein bißchen in die Zange nehmen."

"Danke", seufzte Gurko erleichtert. "Du bist ein echter Freund. "
"Nein!" ging Nikolaj wieder in die Höhe. "Ich bin kein echter Freund, und du rufst mich nicht mehr an!"S. 208

Lesezitate aus Anna Dankowtsewa - So helle Augen


Bookinists
Buchtipp
zu

Krimis aus Russland


Die leichten Schritte des Wahnsinns

von Polina Daschkowa




© 5.9.2001 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de