Friedhelm Moser - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen (Buchtipp/Rezension/lesen)
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Beginnen wir mit dem Ursprung allen Fühlens und Denkens, beginnen wir mit dem Ich!

Mit dem Ich beginnen? Ist das erlaubt? Eine der eisernen Benimmregeln meiner Kindheit lautete: "Man fängt keinen Brief und keinen Schulaufsatz mit an!" So etwas zeuge von Hochmut, und Hochmut zeuge von Dummheit. Dabei wollte unsereins doch nur schreiben:

"Ich hoffe, es geht Euch gut." ("Euch" groß!) oder "Ich war in den Sommerferien bei meinem Onkel Ludwig." Und war Ludwig XIV ("Der Staat bin ich") etwa ein Ausbund an Bescheidenheit gewesen? Aber nein, es half nichts. Das Ich wurde vom Anfang verbannt, es durfte sich irgendwo im Wörtergewimmel verkrümeln. Und bei Aufzählungen mußte es sich grundsätzlich ganz hinten anstellen. Wer gegen dieses Gebot verstieß, galt als Esel.S. 11


Lesezitat nach Friedhelm Moser - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen


Philosophie im Schlenderschritt
Friedhelm Moser - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen

s sind die kleinen Fragen, die sich beim Flanieren durch stille Gassen ergeben, jedoch beim genaueren Nachdenken dem staunenden Betrachter sehr interessante Blickwinkel anbieten. Genau diesen einfachen Tatsachen, die zu abseitigen Problemen führen, widmet sich Friedhelm Moser in seinem sehr amüsant zu lesenden Band "Kleine Philosophie für Nichtphilosophen".

So sollte sich der Leser zu einem abwechslungsreichen Bummel durch einige der besonders interessanten Viertel der Philosophie verführen lassen. Gleichgültig ob Moser nach dem ICH fragt, oder ob er sich mit Paradoxen beschäftigt - selbst das Paradies gehört mit der verräterischen Vorsilbe dazu - , schmückt er seine Anmerkungen immer mit privaten Erlebnissen aus und unterfüttert sie mit klassischen, philosophischen Erkenntnissen. Für die Unterhaltung der Leser eine perfekte Mischung.

Am Ende jedes Kapitels gibt es vom Autor noch weiterführende Literaturtipps. Doch auch hier wird niemand durch lange Listen mit unerhört schlauen Namen erschreckt. Nein, Moser empfiehlt beim Thema Liebe wieder einmal Liebesbriefe zu lesen. Warum nicht die eigenen? Oder zum Thema Einsamkeit ist die erneute Lektüre von Robinson Crusoe ideal, aber ob der Zauberberg von Thomas Mann wirklich sieben Mal gelesen werden muss? Da kommen Zweifel auf. Na endlich, genau dies bezweckt die Philosophie doch, oder? © manuela haselberger

Friedhelm Moser - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen
© 2001, München, beck'sche Reihe, 218 S., 9.90 €



Leseprobe ...

VORWORT

Als ich mich mit fünfzehn Jahren für Philosophie zu interessieren begann und bei Karstadt ein preisgünstiges Bändchen "Kant - Ausgewählte Schriften" erstand, da hatte ich eine seltsame Vorstellung von diesem Fach. Philosophie, so glaubte ich, bringe Klarheit in die Verworrenheit der Welt, sie zeige dem Menschen Wege zum Glück und gebe Antwort auf die letzten Fragen.

Im Laufe der Jahre hat sich mein Bild von der Philosophie gewandelt. Ich würde heute nicht mehr sagen, daß es bei der Philosophie wesentlich um das Erschließen und Feststellen von Wahrheiten geht. Aber worum dann?

Lassen Sie mich ein paar Episoden aus meinem philosophischen Alltag berichten: Ich fahre in die Stadt, und es ist Wahlkampf. An jedem zweiten Laternenmast lächelt ein Kandidat oder eine Kandidatin. Die Slogans lauten "Sicherheit für Deutschland" und "Wir werden nicht alles anders machen, aber vieles besser". Das Ganze ist nicht besonders originell, und ich frage mich, warum schlauen Politikern und kreativen Werbestrategen nichts Pfiffigeres einfällt. Bis ich darauf komme, daß Pfiffigkeit auch kontraproduktiv sein kann. Die Mehrheit der Wähler - und um die geht es - will Verläßlichkeit und Schlichtheit. Witz verunsichert. Deshalb wäre es im Wahlkampf ein Zeichen von Dummheit, sich als sehr intelligent darzustellen. Je gewiefter einer ist, desto mittelmäßiger präsentiert er sich. Dieses kleine Paradox erfreut mich, so daß ich vermutlich ebenso dümmlich grinse wie die Pappkameraden am Straßenrand.

Ist das der Grund, warum mich in der Fußgängerzone eine schöne, dunkelhäutige Frau vergnügt anlächelt? Ich bin versucht, ihr nachzugehen, aber da kommt mir ein Gedanke in die Quere. Es ist ein faszinierender Gedanke, und er stammt von dem Evolutionsforscher Richard Dawkins. Nach dessen Meinung ist jedes Lebewesen - auch der Mensch - nur eine "Überlebensmaschine" für Gene. Und wenn ich eine dunkelhäutige Frau attraktiv finde, dann deshalb, weil meine Gene "wissen", daß die Fusion mit exotischen Chromosomen ihren Kurswert an der Evolutionsbörse steil ansteigen ließe. Sagt Dawkins; und ich sage zu meinen Genen: "Benehmt euch, ihr Biester, noch bin ich der Herr im Haus." Außerdem hätte ich sowieso keine Zeit. Ich bin nämlich mit Freunden zum Essen verabredet.

Das Ehepaar, dem ich beim Italiener gegenübersitze, hat sich ein Haus gekauft und ist seit Monaten mit der Renovierung und Einrichtung beschäftigt. Das Haus bildet denn auch das Hauptgesprächsthema. "Willst du dir nicht auch mal ein Haus kaufen?" werde ich gefragt. "Miete ist doch im Grunde rausgeschmissenes Geld." Mir gehen die Vorzüge der Hauslosigkeit durch den Kopf, aber ich habe keine Lust auf eine Grundsatzdiskussion zum Dessert. Deshalb sage ich: "Ich hab' schon mal ein Haus gekauft. Viele Häuser. Früher, als ich mit meiner Schwester immer gespielt hab'." Darüber kann man lachen. Aber völlig absurd ist der Gedanke nicht. Das Spiel simuliert die Welt, aber simuliert nicht auch die Welt das Spiel? Ich nehme mir vor, nach dem Espresso in die Universitäts-Bibliothek.zu fahren und Literatur zum Thema "Spiel" aufzutreiben. Denn "Spiel" scheint mir - wie auch "Paradox" oder "Evolution" - ein geeignetes Stichwort für das Buch zu sein, das ich in Planung habe (und das Sie jetzt in Händen halten).

Philosophie - das sollen diese Episoden zeigen - hat viel mit vagabundierenden Gedanken zu tun. Der Philosoph liebt die Um- und Abwege. Leicht vergißt er auf seinem Spaziergang, wo er überhaupt hin wollte. Er geht durch das Leben wie jemand, der zum ersten Mal und ohne Eile durch eine fremde Stadt flaniert. Er hat einen Reiseführer eingesteckt - das ist die philosophische Literatur -, aber er schaut nur gelegentlich hinein. Denn sein Interesse beschränkt sich nicht auf die sattsam bekannten Sehenswürdigkeiten. Ein malerischer Brunnen, den er in einem Hinterhof entdeckt, berührt ihn vielleicht mehr als die gesamte Pinakothek.

Dieses Buch will Sie zu einem Bummel durch einige besonders interessante Viertel der Philosophie verführen. Alles, was Sie mitbringen müssen, ist Unternehmungslust und ein wenig Muße. Und bitte vergessen Sie nicht Schopenhauers Ratschlag, "daß zu Papier gebrachte Gedanken überhaupt nichts weiter sind als die Spur eines Fußgängers im Sande: Man sieht wohl den Weg, welchen er genommen hat; aber um zu wissen, was er auf dem Wege gesehen, muß man seine eigenen Augen gebrauchen."S. 7-9

Lesezitate nach Friedhelm Moser - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen










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