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Mord im Auftrag Gottes Eine Reportage über religiösen Fundamentalismus. Jon Krakauer - Mord im Auftrag Gottes
enn es darum geht, religiöse Fundamentalisten beim Namen zu nennen, so ist der erste Gedanke, dass es sich dabei sicherlich um Islamisten handeln muss. Doch weit gefehlt.
Jon Krakauer, der mit seinem aufsehenerregenden Mount - Everest - Buch
In eisige Höhen weltweit bekannt wurde,
widmet sich in seiner Reportage über religiösen Fundamentalismus den Mormonen. Bei einer Mitgliederzahl von elf Millionen, mit rasch steigender Tendenz, geht der Wissenschaftler Harold Bloom an der Yale University davon aus, dass es "bis in sechzig Jahren unmöglich sein wird, die Vereinigten Staaten ohne die Zusammenarbeit mit den Mormonen zu regieren." Grund genug, sich eingehend mit den "Heiligen der Letzten Tage" zu beschäftigen.
Den Rahmen von Krakauers Ausführungen bildet der grausame Mord an der jungen Frau Brenda und ihrem Baby Erica am 24. Juli 1984. Es dauert nicht lange, und die beiden Täter sind gefasst. Es handelt sich um die beiden Brüder von Brendas Ehemann Allan. Wie konnte es zu einer so verabscheuungswürdigen Tat kommen? Hintergrund ist, dass sich die beiden Männer als Propheten sehen, die sich von der Hauptkirche der Mormonen losgesagt haben und ihre Offenbarungen ihrer Meinung nach direkt von Gott selbst erhalten.
Akribisch genau erforscht Jon Krakauer die 170 Jahre alte Geschichte der Mormonen. Ausgehend von ihrem Gründer Joseph Smith, der die Grundsteine ihres Glaubens legt, ist der Verzicht auf Alkohol, Kaffe und Tabak selbstverständlich. Fernsehen und Zeitschriften sind unerwünscht, Abtreibungen sind verboten. Hingegen erlaubte und praktizierte Joseph Smith Polygamie, die Vielehe.
Heute distanziert sich die Hauptkirche in Salt Lake City von dieser Maxime, doch in fundamentalistischen Kreisen ist es keine Seltenheit, dass ein Mann mehrere Ehefrauen hat - selbstverständlich mit einer großen Anzahl von Kindern, denn Empfängnisverhütung ist verpönt.
Es ist erschreckend, zu welchen Auswüchsen diese Einstellung führt: die Männer verhalten sich zutiefst frauenverachtend; das Ausleben pädophiler Neigungen ist an der Tagesordnung.
»Mord im Auftrag Gottes« gehört zu den Büchern, die den Leser mit einer Fülle von Informationen bedienen, ihn garantiert nicht unberührt lassen, sondern zutiefst erschüttern und dazu auffordern, Stellung zu beziehen.
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© 9.11.2003 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |