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Ein Ehrenmord in Deutschland Hanife Gashi - Mein Schmerz trägt deinen Namen
ie Familie Behluli kommt 1989 nach Deutschland. Hanife und Adem flüchten aus dem albanischen Kosovo, als dort immer größere Unruhen ausbrechen und es schließlich zum Krieg kommt. Mit dabei haben sie ihre drei Jahr alte Tochter Ulerika.
Während ihr Asylantrag in Deutschland läuft, versuchen sie so schnell wie möglich aus der Rolle der Sozialhilfeempfänger herauszukommen und finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Für die junge Mutter Hanife erweist sich die Anpassung als längst nicht so schwer wie für ihren Mann.
Adem ist den traditionellen Strukturen des Lebens im Kosovo verhaftet. Die Ehe der beiden wurde von den Eltern arrangiert und Hanife hat sich nach anfänglich erbittertem Widerstand schließlich dem elterlichen Wunsch gebeugt. Schon in ihrer Heimat lernt sie ihren Mann als gewalttätiges Familienoberhaupt kennen. Doch in Deutschland verschlimmert sich die Lage drastisch.
Mit den Jahren werden drei weitere Mädchen geboren, die alle in der Nähe von Tübingen zur Schule gehen. Hanife arbeitet für den Familienunterhalt mit, doch das gefällt ihrem Mann nur bedingt. Durch ihr eigenes Einkommen ist es ihr möglich, den Führerschein zu machen und auch einen Deutschkurs zu besuchen. Zusätzlich beginnt sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Je weiter ihre Unabhängigkeit voranschreitet, umso häufiger werden die gewalttätigen Exzesse ihres Ehemannes gegen sie und die Kinder.
"Ich war schon öfter mit ihnen im Auto durch die Nacht gefahren oder hatte auf Parkplätzen übernachtet, wenn es unerträglich geworden war. Die Mädchen hatten, eingehüllt in Decken, auf dem Rücksitz geschlafen. Nie hatte ich mich getraut, irgendwo Zuflucht zu suchen, sondern war in der Morgendämmerung stets mit meinen Töchtern heimgekehrt."
Als Ulerika in die Pubertät kommt, sich mit Freundinnen trifft und ins Kino geht, zu Schminke greift sowie an einer Casting-Show teilnimmt, rastet Adem immer öfter aus. Ein Foto von Ulerikas Freund gibt ihm den Rest. Er verliert vollständig die Kontrolle über sich und macht seine häufig ausgesprochene Drohung war: Er bringt Ulerika um. Erst jetzt, nach dreizehn Jahren in Deutschland, wird das ganze Elend der Familie öffentlich.
Hanife Gashi hat ihre Geschichte in bewegenden Worten aufgeschrieben. Beim Lesen kann man sich kaum vorstellen, dass es heute immer noch arrangierte Hochzeiten gibt und Frauen auf eine so schändliche Art ihre Freiheit genommen wird. Im Bericht von Christa Stoll, die zur Organisation Terre des Femmes gehört und das Buch mit unterstützt, werden "jedes Jahr laut den Vereinten Nationen mindestens 5.000 Frauen weltweit im Namen der Ehre umgebracht", wobei die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt.
Für Ulerika kommt jede Hilfe zu spät, doch Hanife Gashi verfolgt trotz aller Ängste, -ihr Mann hat sie nach seiner Verurteilung vom Gefängnis aus mit dem Tod bedroht -, unbeirrt ihr Ziel: "Sie will alle Frauen warnen, die sich morgens ihre Blutergüsse wegschminken, die vor der Haustür Harmonie heucheln, während dahinter eine Hölle lodert."
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© 15.1.2005 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |