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Die verbotene Wahrheit
Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié -
Die verbotene Wahrheit

In Frankreich steht das Buch "Die verbotene Wahrheit" von Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié seit seinem Erscheinen auf Platz eins der französischen Bestsellerliste und ist Auslöser heftiger Diskussionen. In der Schweiz wird dem Titel dieses Glück nicht beschieden sein, denn Yeslam bin Laden, Halbbruder von Osama bin Laden, hat bei einem Genfer Gericht eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf des Buches erworben. Was erregt die Gemüter in dieser Weise?

Die Autoren, Jean-Charles Brisard, politischer und wirtschaftlicher Berater in den USA, er leitet heute eine eigene Wirtschaftsauskunftei, sowie Guillaume Dasquié, Wirtschaftsjournalist, haben ein heißes Eisen angepackt. Sehr kenntnisreich und äußerst kritisch beschreiben sie die geheimen Verhandlungen zwischen der US-Administration und den Taliban bis in den Sommer 2001. Und sie kommen in erster Linie zu dem Schluss: Die Politik der USA war massiv geprägt von wirtschaftlichen Interessen, kurz, es ging um Erdöl.

Sehr dubios ist dabei die Rolle, die Saudi-Arabien mit seinen riesigen Vorräten an schwarzem Gold spielt. Zum einen ein wichtiger Verbündeter der USA, zum anderen ein Staat, der tief im fundamentalistischen islamischen Glauben verhaftet ist und den Taliban-Anhängern nahe steht. Nicht zuletzt ist Osama bin Ladens Familie hier zu Hause.

Des Weiteren untersuchen die beiden Autoren auch die verzweigten und sehr unübersichtlichen wirtschaftlichen Verbindungen der Familie bin Laden. Scheinbar karitative Organisationen, zum Beispiel in London, verfolgen offenbar in Wirklichkeit den Zweck, terroristische Verbindungen zu unterstützen.

Ergänzt und untermauert werden alle Aussagen durch einen immensen Anhang. Darunter findet sich auch der erste Haftbefehl gegen bin Laden. Interessant ist, dass es keinen Hinweis auf Anklagepunkte gegen ihn gibt. Das Papier ist undatiert und besonders frappierend: Es wird kein Staat und keine Regierung genannt, die Interpol als erste bei einer Festnahme zu informieren hat.

"Die verbotene Wahrheit", ein Buch, das sehr klar Stellung bezieht und die Folgen falscher Außenpolitik dem Leser ungeschminkt vor Augen hält: "Von nun an kann sich in den reichen Ländern niemand mehr einer kritischen Betrachtung der Außenpolitik der letzten fünfzig Jahre entziehen, insbesondere der Erdölpolitik. Unsere wirtschaftliche Entwicklung beruht unter anderem auf Bündnissen mit Öldiktaturen und bestärkt diese darin, vollkommen überholte Glaubenslehren zu begünstigen."
© manuela haselberger


Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié -
Die verbotene Wahrheit
Originaltitel: Ben Laden. La verité interdit, © 2001
Übersetzt von Karola Bartsch, Eliane Hagedorn und Jutta Kaspar

© 2002, Zürich, Pendo Verlag, 284 S., 18.90 € (HC)






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Prolog

Das Gespräch fand in einem der Salons des Plaza Hotels von New York statt, einem Ort, so schmucklos und unspektakulär wie das Lehen derer, die im Verborgenen den Kampf gegen den Terrorismus führen. Ende Juli des Jahres 2001 traf ich mich dort mit John O'Neill, einem ehemaligen Koordinator der Terrorismusbekämpfung in den USA, inzwischen die Nummer zwei des New Yorker FBI und verantwortlich für die nationale Sicherheit. Nachdem er die Hälfte seines Lebens im Dienst des FBI gestanden hatte, war er im Alter von 5ojahren in das New Yorker Büro übergewechselt, in das von allen Agenten hochgeschätzte »Flagship Office«. Ich hatte John O'Neill bei einem Abendessen im Pariser Marais-Viertel kennengelernt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Direktor der DST (Direction de la Surveillance du territoire), verantwortlich für den Kampf gegen den Terrorismus, und dem ehemaligen Leiter der Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft Alain Marsaud hatte ich eine »Chefrunde« organisiert. New York war John O'Neills Territorium, sein Revier sozusagen. Er kannte jeden Winkel der Stadt. War man mit ihm unterwegs, so hatte man den Eindruck, die Stadt sei von ihm selbst entworfen worden und gehöre ihm. Überall wurde er wie ein Freund empfangen, überall war er bekannt und beliebt. Er war nie »außer Dienst« und hantierte ständig mit seinem Mobiltelefon und seinem elektronischen Organizer, als müsse er sich seine Mission in Erinnerung rufen.

O'Neill war ein Rebell in einer Welt, in der die Verwaltung Vorrang vor der Aktion hatte. Mit den Untersuchungen der Terroranschläge der al-Qaida betraut, war er nach dem Attentat gegen den Zerstörer USS CoIe, bei dem am 12. Oktober 2000 im Hafen von Aden 17 Besatzungsmitglieder den Tod gefunden hatten, in den Jemen gereist, um die Verzögerungstaktik der amerikanischen Diplomaten in dieser Angelegenheit kritisch unter die Lupe zu nehmen. Dabei war es zu schweren Differenzen zwischen den Diplomaten des State Department und den Untersuchungsbeamten des FBI gekommen. Erstere wollten die jemenitische Regierung schonen, um gewisse politische Lockerungen zu bewahren, während Letztere eine schnelle Überführung der für das Attentat Verantwortlichen anstrebten. Zwei Gesichtspunkte und zwei Auffassungen, die nicht zu vereinbaren waren. Nach ersten Spannungen wegen der Bewaffnung der FBI-Agenten und der Auslieferung »zweitrangiger« Verdächtiger an die amerikanischen Behörden brach im Februar ein offener Kampf aus, der im Juli 2001 mit der Intervention von Barbara Bodine, der amerikanischen Botschafterin im Jemen, seinen Höhepunkt erreichte. Sie hatte versucht, die Einreise von John O'Neill und seiner »Rambo«-Truppe - so die jemenitischen Behörden - zu verhindern. Dabei war das FBI laut John O'Neill in der Lage, eine Beteiligung von Osama bin Ladens Terrornetz an dem Attentat nachzuweisen.

Dieser Zwischenfall erinnert an die Kontroverse in den siebziger Jahren zwischen dem amerikanischen Sicherheitsberater und dem Außenminister, damals Henry Kissinger, um die Kontrolle der Sicherheitspolitik; sie gipfelte damals in einer Bevormundung der Handlungsorgane durch die Diplomaten, was zur Lähmung des Staatsapparats beitrug.

In der abgehobenen Atmosphäre des China Club im obersten Stock eines Hochhauses mit Blick über ganz Manhattan erzählte John O'Neill von seinen Auseinandersetzungen mit der amerikanischen Botschafterin, seiner Enttäuschung angesichts der fingierten oder tatsächlichen Ohnmacht des State Department und vor allem von den Problemen im Zusammenhang mit Osama bin Laden. Für ihn ging alles von Saudi-Arabien aus, alles war über diese Schiene zu erklären.

»Alle Antworten, alle Schlüssel zur Zerschlagung von Osama bin Ladens Organisation liegen in Saudi-Arabien«, sagte er mir und unterstrich dabei »die Unfahigkeit der amerikanischen Diplomatie, irgend etwas bei König Fahd zu erreichen«, wenn es um dieses Terroristennetz ging. Der Grund? Es gab nur einen: das Erdöl. Konnte das schwarze Gold die Vereinigten Staaten daran hindern, Ermittlungen gegen eine der größten Terrororganisationen der Welt einzuleiten? Ja, aus dem einfachen Grund, daß die amerikanische Regierung sich selbst auferlegt hatte, die Ermittlungen nicht als Druckmittel gegen ihre saudi-arabischen Freunde einzusetzen.

Im Zuge der Untersuchungen nach dem Attentat gegen US-Militäreinrichtungen in Dhahran vom 25.Juni 1996, das 19 Todesopfer unter den amerikanischen Soldaten gefordert hatte, begab sich John O'Neill persönlich nach Saudi-Arabien, um bei König Fahd eine Zusammenarbeit mit den Behörden zu erwirken. Vergebene Liebesmüh: Der saudische Nachrichtendienst nahm allein die Verhöre der Hauptverdächtigen vor, während das FBI lediglich sachdienliche Hinweise sammeln sollte, um die Untersuchungen voranzubringen. Was die Beziehungen zwischen der al-Qaida und Saudi-Arabien betrifft, so sind die Schlußfolgerungen, zu denen der Bericht über »Das wirtschaftliche Umfeld des Osama bin Laden« kommt, nicht weiter verwunderlich: Sie belegen, daß entgegen den verschiedenen öffentlichen Erklärungen im Juli 2001 noch enge Verbindungen zum saudischen Königreich bestanden. Der Bericht sieht wenig Chancen für eine positive Entwicklung der Lage und kritisiert die äußerst »politische« Führung des FBI sowohl in der Außen- wie auch in der Innenpolitik.

Die Enthüllungen John O'Neills, eines der besten amerikanischen Terrorismusexperten, lassen die Verbindungen zu Osama bin Laden in einem zynischen Licht erscheinen. Sie zeigen, daß die Staatsraison Vorrang vor dem Anti -Terror-Kampf hat. Weil nichts diese Überzeugung zu ändern vermochte, und vor allem auch aus Enttäuschung, verließ John O'Neill im August 2001 das EBT, um seine neue Stelle als Sicherheitschef des World Trade Center anzutreten ...

Am 11. September 2001, als das erste Flugzeug in einen der Zwillingstürme einschlug, befand er sich in einer Sitzung zum Thema Sicherheit des WTC. Als Experte verließ er das Gebäude, um die Hilfskräfte zu alarmieren und den Polizeieinsatz zu koordinieren, dann begab er sich zurück in den Turm, um bei der Evakuierung zu helfen. Das wurde ilim zum Verhängnis.

Auch heute noch ist John O'NeilIs Zeugnis ein wesentlicher Bestandteil im Kampf gegen den Terrorismus. Es macht die beiden Hauptprobleme des Westens gegenüber diesem Netz deutlich: das Erdöl und seine geostrategischen Folgen; Saudi-Arabien und seine religiösen und finanziellen Ambitionen. S. 11-15


Aus welchem Grund vertritt die Taliban-Diplomatie an diesem 5. Februar eine solche politische Linie? Wie sicher kann sie sein, daß die Botschaft von der neuen amerikanischen Regierung positiv aufgenommen wird? Sind dieser spektakulären Ankündigung geheime Treffen zwischen Vertretern der Republikaner und der Taliban vorausgegangen? Vor der Beantwortung dieser Frage sind einige Feststellungen nötig.

Vom 5. Februar bis zum 2.August 2001 haben vor dem Hintergrund von Erdöl - und geostrategischen Interessen mehrere geheime, äußerst gewagte Diskussionen zwischen den Amerikanern und den Taliban stattgefunden. Sie schlossen die Bereitschaft der Taliban ein, Osama bin Laden zu verraten, ohne daß die Amerikaner das Ausmaß des Einflusses dieses saudi-arabischen Religionschefs auf die afghanische Führung erkannt hätten. Die Selbstmordattentate vom 11. September sind die ebenso tragische wie voraussehbare Folge solchen Verhaltens. Die folgenden Seiten beschreiben das teuflische Räderwerk, das großenteils vom saudi-arabischen Königshaus in Gang gesetzt und durch den Zynismus eines Teils der republikanischen Partei begünstigt wurde.

Warum hat ein Teil der Akteure, deren Verantwortung durch die Hintergründe des Deals deutlich wird, die Gefahren nicht sehen wollen? Die Lage Afghanistans vermag einige Antworten darauf zu geben. Das Land ist der Schlüssel zur Vorherrschaft in Zentralasien und hat bei Russen, Amerikanern und Saudis stets Begehrlichkeiten geweckt. In Washington gilt es als bevorzugtes Durchgangsgebiet für Erdöl und Gas aus Zentralasien. Und für die Familie al-Saud, die von Riad aus mit eiserner Hand das saudi-arabische Königreich regiert, bedeutet die Machtergreifung der Taliban eine unerwartete Erweiterung ihres Einflußbereichs in Zentralasien. Ihr wahhabitischer Islam sunnitischer Prägung paßt hervorragend zur Islam -Auslegung der Taliban. Von Anfang an sehen sie in diesen Gotteskriegern verläßliche Glaubensbrüder, die ihnen eine Ausweitung ihrer Erdölgeschäfte in diesem Teil der Welt ermöglichen -und vor allem die Eindämmung der Vorherrschaft des benachbarten Iran, der einen Islam schutischer Prägung vertritt.

Wie hätte ein so kleines Land, regiert von einer Gruppe religiöser Fanatiker, verstrickt in so viele energiepolitische Interessenkonflikte und erschüttert von Machtkämpfen mit weltweiten Auswirkungen, nicht zum Ausgangspunkt der Krise werden sollen, die den Anfang unseres Jahrhunderts erschüttert? S. 20-21


Der König war es auch, der den Grundstein für den Aufstieg der Familie legte, indem er ihr zunächst den Bau eines Teils des königlichen Palastes anvertraute und im Anschluß daran die gesamten Renovierungsarbeiten der heiligen Stätten in Mekka und Medina.

Aufgrund gegenseitigen Vertrauens konnte die Familie in einem Königreich, dessen Aufbau erst noch geleistet werden mußte, in eine vielversprechende Zukunft blicken.

Schon 1931 gründete Muhammad bin Laden in Jeddah die Saudi Binladin Group (SBG) oder Binladin Organization, die sich schnell zu einem der wichtigsten Arbeitgeber im Königreich entwickelte.

Die enge Verbindung zu den saudischen Herrschern erklärt auch, warum selten in Ministerien oder anderen zuständigen Dienststellen über die geschäftlichen Angelegenheiten der Familie entschieden wird. Ausschreibungen für das Haus bin Laden sind nicht vorgesehen. Die Verträge werden direkt mit dem Privatsekretär des Königs abgeschlossen und häufig per königlichem Dekret genehmigt. Über mehrere Jahre hinweg war der Konzern sogar der offizielle und ausschließliche Vertragspartner für die heiligen Stätten des Königreichs und bis 1967 auch für die heiligen Stätten in Jerusalem. Muhammad bin Laden wurde dafür im übrigen über mehrere Jahre mit dem Posten des Ministers für Hoch- und Tiefbau belohnt. Als Gegenleistung für das königliche Wohlwollen erwies der Konzern dem Königreich enorme Dienste und vermittelte den Mitgliedern der Königsfamilie beispielsweise die Grundlagen des Handels und des Finanzwesens.

Auch in finanzieller Hinsicht genießt dieser Konzern mit seinem familiären Aktionärskreis ein Vorrecht, das einen weiteren Hinweis auf die Macht der bin Laden in Saudi-Arabien darstellt. Die Unternehmensgruppe wird nämlich als Institution und nicht etwa als Firma geführt, was sie von der Veröffentlichung jeder Bilanz entbindet. Vor allem aber darf die SBG als einzige saudische Privateinrichtung Obligationen ausgeben, und das in einem Land, in dem Schatzanweisungen und Obligationen keine Gültigkeit haben, weil das Korangesetz es mit dem Begriff' des Zinses sehr genau nimmt. Dieser Umstand erlaubt es ihr, die eigene Entwicklung zu sichern und gleichzeitig die Kontrolle über ihre Aktionäre zu bewahren.

Seit fast 30 Jahren bemüht sich die SBG um Diversifizierung. Über das Bauwesen hinaus, das Kerngeschäft, das die Hälfte des Umsatzes ausmacht, hat sich der Konzern nach und nach zu einem wirklichen Konglomerat entwickelt, das auf dem Gebiet des Engineering, im Immobilienwesen, Vertrieb, Kommunikations- und Verlagswesen aktiv ist. Mit 5000 Angestellten im Jahr 2000 ist die SBG darüber hinaus auch einer der größten Arbeitgeber im Königreich.

Von einem Finanzblatt wurde der Umsatz 1991 auf 36 Milliarden Dollar geschätzt, ein Betrag, mit dem die SBG unter den 100 reichsten Firmen der Welt vertreten ist.
Seit seinen Anfängen und auch nach dem Tod seines Gründers im Jahr 1968 konnte der Konzern auf die stete Unterstützung der saudischen Behörden zählen. Das ist einer der Gründe, warum etliche internationale Unternehmen mit der SBG Partnerschaften eingegangen sind, die ihnen eine Ansiedlung im Mittleren Osten erleichtern sollten. In den achtziger Jahren vertrat der Konzern unter anderem die Interessen von Audi und Porsche in Saudi-Arabien. Die SBG knüpft auch Partnerschaften mit hochrangigen internationalen Firmen wie General Electric, Nortel Networks oder Cadburg Schweppes. Und alle sind, wie General Electric, überzeugt, daß der saudische Konzern und Osama bin Laden »nichts miteinander zu tun haben«.

Jüngste Enthüllungen belegen auch beträchtliche Familieninvestitionen in erstklassige Finanzstrukturen wie den Carlyle-Konzern (s. Teil IV), der von mehreren ehemaligen Mitgliedern der Verwaltung George Bush sen. geleitet wird. Laut New York Times hat die Leitung von Carlyle sich bis zum 26. Oktober Zeit gelassen, um ihre Verbindungen zur bin-Laden-Familie abzubrechen.

1995 soll der Binladin -Konzern auch 2 Millionen Dollar in den Carlyle Partners 11 Fund investiert haben, einen der Londoner Investmentfonds des Carlyle -Konzerns. Zu dem Zeitpunkt hatte der Fonds 1,3 Milliarden Dollar für die Übernahme mehrerer Luftfahrtgesellschaften aufgebracht. Die Familie bin Laden soll in diesem Zusammenhang einen 40prozentigen Gewinn auf ihre Anfangsinvestition realisiert haben. In den Vereinigten Staaten ist Carlyle unter anderem Teilhaber mehrerer Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen wie Lockheed Martin und General Dynamic.

Parallel dazu bezieht sich das Wall Street Journal auch auf Verbindungen, die in der Vergangenheit über den Erdölsektor hinaus (s. Teil IV) im Bauwesen zwischen einem der Brüder von Osama bin Laden und George W. Bush bestanden. Das Industrie-, Finanz- und Politimperium bin Laden hat mit der Übernahme durch die Söhne des 1968 gestorbenen Begründers noch an Macht gewonnen. Die meisten von ihnen wurden im namhaften Victoria College im ägyptischen Alexandria ausgebildet, einem der letzten Symbole der britischen Hegemonie in der Gegend. Die Schule wurde damals von Prominenten besucht oder solchen, die es werden wollten, wie König Hussein von Jordanien, den Kashoggi -Brüdern, dem künftigen saudischen Geheimdienstchef Kamal Adham oder auch dem Schauspieler Omar Sharif.

Während seine Geschwister in den besten britischen und amerikanischen Privatschulen unterrichtet wurden, entschied sich Osama dafür, in Saudi-Arabien zu bleiben, um an der König-Abd-ul-Aziz~Universität zu studieren Nach dem Tod Muhammads 1968 wurde das Familienvermögen unter dessen 23 Ehefrauen und den 54 Kindern aufgeteilt, von denen das jüngste 1967 zur Welt gekommen war. Mit der Interessenvertretung der Unternehmensgruppe wurde zunächst Muhammad Bahareth betraut, ein Onkel mütterlicherseits und Vormund der damals durchweg minderjährigen Kinder. Er war im Laufe der Jahre zum wichtigsten Finanzberater des Patriarchen geworden. Erst 1972 übernahm der älteste Sohn Salem die Führung des Imperiums. Ihm stand ein Rat zur Seite, dem mehrere Brüder und auch Muhammad Bahareth angehörten. Zahlreiche Gerüchte haben die Runde gemacht über eine mögliche Verwicklung von Salem bin Laden in die Affäre mit den Waffenverkauf an den Iran, die sogenannte Irangate-Affäre, sowie eine mögliche Hilfeleistung zugunsten des afghanischen Widerstands. Der enge Vertraute von König Fahd kam 1988 bei einem Flugzeugabsturz in Texas ums Leben.

Darauf trat Bakr, der älteste Sohn, die Nachfolge an, unterstützt von seinen 13 Brüdern, darunter auch Mahrous. Drei Brüder erwiesen sich als die wirklichen Entscheidungsträger innerhalb der Unternehmensgruppe: Hassan, Yeslam und Yehya. Die Kinder von Muhammad bin Laden stammen von 23 Müttern. Innerhalb des Clans herrscht ein starker Zusammenhalt, gleichzeitig verfügt der Konzern über weitverzweigte internationale Kontakte. So gibt es die »Gruppe der Syrier«, die von Bakr und Yehya repräsentiert wird, ferner die »Gruppe der Libanesen«, zu der Yeslam gehört, sowie die »Gruppe der Jordanier«. Abd-ul-Aziz, einer der jüngsten Söhne, gehört zur »Gruppe der Ägypter«. Paradoxerweise ist Osama bin Laden das einzige Kind, dessen Mutter Saudi -Arabierin ist.

In den Augen der Machthaber machte diese saudische Herkunft ihn zu einem vertrauenswürdigen Gesprächspartner, und so entwickelte er sich, wie wir bereits gesehen haben, nach und nach zum Vertrauten von Geheimdienstchef Prinz Turki. Anfang der neunzigerjahre pflegten die beiden so häufig und offensichtlich Kontakt miteinander, daß bin Laden von ausländischen Geheimdiensten, allen voran dem israelischen, zunächst für einen saudischen Agenten gehalten wurde, wenn nicht gar für den eigentlichen Chef des saudischen Geheimdienstes.

Bin Ladens Interessen sind so nachhaltig mit denen des Königreichs verknüpft, daß die Unterstützung, die ihm die Familie auf direktem oder indirektem Weg gewährt hat, zwangsläufig nur mit ausdrücklicher Billigung oder zumindest mit wohlwollendem Gleichmut der saudischen Machthaber erfolgt sein kann. Das zeigt auch ein rätselhaftes Geständnis von Osama bin Laden aus dem Jahr 1995: Als die saudischen Machthaber beschlossen hätten, aktiv am islamischen Widerstand in Afghanistan mitzuwirken, »haben sie sich an meine Familie gewandt« Die familienbedingte Treue zum Königreich beinhaltete eben auch einen tatkräftigen Beitrag zu dessen düstersten Vorhaben. S. 124-129

Lesezitate nach Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié - Die verbotene Wahrheit



© 7.7.2002 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de