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Bookinists Lesepröbchen

Der Mandant beteuerte, wie die meisten Mandanten, er sei unschuldig. Er sollte in dreiunddreißig Tagen sterben.
Arthur Raven, sein Anwalt, war entschlossen, sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Schließlich, so sagte er sich, hatte er den Fall ja nicht aus freien Stücken übernommen. Nein, er war vom Bundesberufungsgericht dazu verdonnert worden, sicherzustellen, dass es nach zehn Jahren, in denen sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft worden waren, keine berechtigten Einwände mehr gab, die Rommy Gandolphs Leben hätten retten können. Es gehörte nicht zu seinem Job, sich den Kopf zu zerbrechen. Trotzdem zerbrach er sich den Kopf.
»Wie bitte?«, sagte Pamela Towns, seine junge Kollegin, die auf dem Beifahrersitz saß. Ein gequältes Ächzen war Arthur entfahren, als er sich ...
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Juristische Achterbahnfahrt
Scott Turow - Das Gift der Gewissheit

ommy Gandolph sitzt in der Todeszelle und der Tag seiner Hinrichtung rückt näher. Mit einem Brief versucht er in letzter Minute seine Haut zu retten und sein Glück dabei ist, dass der Anwalt Arthur Raven bereit ist, sich seinen Fall in aller Ruhe anzuhören und schließlich erhebliche Zweifel bekommt. Rommy ist ganz bestimmt kein unbeschriebenes Blatt, die Reihe seiner Vorstrafen füllen ganze Ordner, doch ein Gewaltverbrechen war nie dabei. Soll dieser etwas zurückgebliebene Dealer und Dieb tatsächlich drei Menschen auf dem Gewissen haben?

Es beginnt ein trickreiches Spiel zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung, das Scott Turow in seinem Roman "Das Gift der Gewissheit" glänzend inszeniert. Auf der einen Seite ermittelt die ehrgeizige Staatsanwältin Muriel, die um nichts auf der Welt ihren Karrieresprung zur Oberstaatsanwältin gefährden möchte, als ihr Gegenpart ermittelt Arthur Raven mit der Zähigkeit eines Ackergauls.

Arthur weist nach, dass Rommys Richterin, die ihn zum Tode verurteilt hat, zu diesem Zeitpunkt stark süchtig war und gerne Bestechungsgelder kassiert hat. Später wurde sie für dieses Fehlverhalten verurteilt, doch kann man ihrem damaligen Richterspruch überhaupt trauen? Und es tauchen neue Zeugen auf, die allerdings nicht wie erwartet, immer zu Rommys Gunsten aussagen. "Je mehr Verdächtige ins Spiel kamen, desto mehr schwand die Gewissheit, die nötig war, um den armen Rommy hinrichten zu können."

Aus einem Sachverhalt, der zunächst übersichtlich und klar erscheint, fabriziert der amerikanische Bestseller-Autor ein juristisches Kräftespiel, das den Leser immer wieder mit unvorhersehbaren Schlenkern überrascht. Gut gezielte "juristische Handgranaten" wirbeln die Fakten ständig kräftig durcheinander.

So entwickelt Turow ein Justizdrama voller Leben, mit menschlichen Zügen, bei dem die Vertreter des Rechts und der Ordnung ganz und gar keine weiße Westen behalten und sich auf eine Achterbahnfahrt der Rechtsprechung begeben. Ganz nebenbei hält er ein flammendes Plädoyer gegen die Todesstrafe.

Wem Grisham auf Dauer zu lasch ist, der wird bei Turow prächtig unterhalten.
manuela haselberger



   Scott Turow -
   Das Gift der Gewissheit
    Originaltitel: »Reversible Errors«, © 2002
    Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
    © 2003, München, Blessing Verlag, 540 S., 25 € (HC)
   






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© 13.10.2003

by Manuela Haselberger
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