In seinem 12. Fall wird Brunetti in die elitäre Kadettenschule von San Martino gerufen. Hier erhalten die Sprösslinge der Highsociety Venedigs ihren schulischen und vor allem militärischen Schliff. Ernesto Moro, siebzehn Jahre alt und ein aufgeweckter Schüler, hat sich in den Duschräumen erhängt. War es wirklich Selbstmord? Die Fragen Brunettis werden von Schülern und Lehrern sehr ausweichend beantwortet. Niemand scheint Ernesto näher gekannt zu haben und am fraglichen Abend, als er starb, hat angeblich keiner etwas bemerkt.
Wie durch ein dunkles Glas
"Donna Leon - Wie durch ein dunkles Glas"
n Venedig ist der Frühling eingekehrt und Commissario Brunetti schlendert entspannt durch die Gassen, trinkt einen Kaffee, lässt sich mit den ersten Touristen durch die Lagunenstadt treiben. Als er von einem seiner Mitarbeiter gebeten wird, sich für dessen Freund einzusetzen, der bei einer Anti-Globalisierungs-Demo festgenommen worden war, ist er gerne bereit, seine Beziehungen spielen zu lassen.
Ehe sich Brunetti richtig versieht, führt ihn dieser kleine Freund- schaftsdienst zu seinem neuen Fall (Nummer 15).
Ausgerechnet in den beiden größten Glasbläser - Werkstätten in Murano, dem touristischen Magnet Venedigs überhaupt, soll es zu illegalen Giftmüll-Entsorgungen gekommen sein. Oder sind hier nur radikale Öko-Freaks zu Gange, die Spaß daran haben, Panik zu verbreiten?
"Eigentlich war Brunetti ja überzeugt, dass er sich stärker für Umwelt und ökologische Zukunft einsetzte als der Normalbürger," doch seine Ermittlungen laufen auf Hochtouren, als ein Toter in einer Werkstätte vor einem brennenden Ofen aufgefunden wird. Erst wenige Tage zuvor hat Brunetti noch mit dem Vater eines behinderten Kindes gesprochen. Dieser war fest davon überzeugt, dass durch die Arbeit in den Glasbläsereien genetische Defekte im Erbgut möglich sind und diese zur Behinderung seiner Tochter geführt haben. Nun ist der Mann tot, doch Brunetti ist im Besitz seiner geheimen Dokumente, die dieser akribisch in den vergangenen Jahren gesammelt hat.
Kann es sein, dass ausgerechnet der aufsteigende Stern am Himmel der Lokalpolitik, Gianluca Fasano, zugleich auch Eigentümer einer Glasbläsermanufaktur, in den Öko-Frevel verwickelt ist? Brunetti sieht sich wieder einmal einem dubiosen Sumpf aus undurchsichtigen Machenschaften gegenüber, bei deren Aufklärung sein Vorgesetzter, Vice - Questore Patta, wie üblich wenig hilfreich ist und höchst eigene Interessen verfolgt.
"Wie durch ein dunkles Glas" ist ein ruhiger, bedächtiger Krimi, der gleich seinem Commissario sich Zeit lässt, bis die Handlung richtig in Gang kommt. Doch wie immer steht bei Donna Leon auch eher Venedig, und dieses Mal ganz besonders Murano, im Mittelpunkt der Handlung, als wilde Verfolgungsjagden und Schießereien. Mit dieser typischen venezianischen Atmosphäre verzaubert die amerikanische Autorin erneut ihre Leser.
manuela haselberger