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Mörderischer Rollentausch Petra Hammesfahr - Die Lüge
ls sich Susanne und Nadja zum ersten Mal gegenüberstehen, sind die beiden selbst am meisten über ihre frappierende Ähnlichkeit überrascht. Während Susanne als graue Maus ihr Leben nach der Scheidung eher dürftig bestreitet, ist Nadja im Nadelstreifenkostüm eine echte Karrierefrau. Blitzschnell erfasst sie die Möglichkeiten, die ihr eine Doppelgängerin bietet und unterbreitet Susanne ein unmoralisches Angebot. Hin und wieder möchte Nadja einige Tage ungestört mit ihrem Liebhaber verbringen. In dieser Zeit müsste Susanne ihre Rolle als Ehefrau übernehmen. Mit etwas Training sollte das doch klappen.
Petra Hammesfahr fabriziert in ihrem Thriller "Die Lüge" aus einem simplen Rollentausch eine waghalsige Konstruktion. Sie spielt mit der Fantasie ihrer Leser, indem sie eine Fülle von Möglichkeiten andeutet, verwirft und noch perfidere Handlungsstränge zieht. Wird der getäuschte Ehemann Verdacht schöpfen?
Susanne spielt ihre Rolle so überzeugend, dass sie sich Hals über Kopf in Nadjas Mann verliebt. Mit dieser Möglichkeit hat Nadja nun keinesfalls gerechnet und bevor sie ihr gefährliches Spiel beenden kann, ist eine der beiden Frauen tot. Längst geht es nicht mehr um einen kleinen ehelichen Seitensprung. Nadja hat durch geschickt eingefädelten Anlagebetrug im großen Stil Millionenbeträge nach Luxemburg verschoben und die geprellten Kunden verlangen ihr Geld zurück. Sofort. Und ob das nun Nadja oder ihre nichts ahnende Doppelgängerin erledigt, ist für sie zweitrangig.
Das Gedankenspiel, das Petra Hammesfahr beschreibt ist durchaus reizvoll, doch nicht immer führt sie ihre Ideen zu einem glaubhaften Schluss. Oftmals huscht sie über Möglichkeiten hinweg, die sie nur andeutet, und am Rande der Handlung versanden lässt. Da werden Wanzen in Wohnungen verteilt, ohne dass sie wirklich zum Einsatz kämen. Und ob ein Ehemann, dessen Frau plötzlich nicht mehr schwimmen kann und auch englisch und französisch offensichtlich restlos verlernt hat, wirklich keinen Verdacht schöpft, ist doch recht fraglich.
Petra Hammesfahr verarbeitet in ihrem Krimi zwar eine faszinierende Idee, doch
ihre Kolleginnen Joy Fielding oder Barbara Vine hätten hier mit Sicherheit eine gute Portion mehr an "Psychothrill" untergebracht. Ein wenig beschleicht den Leser der Verdacht, dass sie weit unter ihren Möglichkeiten blieb.
Manuela Haselberger
Petra Hammesfahr: Die Lüge
ISBN 3805207204
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© 5.9.2003 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |