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Jeffrey Deaver

Der Insektensammler

© 2001



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Die Assistentin

... ein Knochenfetischist ....


Das Gesicht des Drachen
Jeffrey Deaver - Das Gesicht des Drachen

it dem einzigartigen Ermittlerpaar, dem querschnittsgelähmten Lincoln Rhyme und seiner rechten Hand in allen Fragen der Spurensicherung und der Liebe, Amelia Sachs, schreibt Jeffery Deaver einen Krimi-Bestseller nach dem anderen.

Der neue Fall "Das Gesicht des Drachen" entlockte der Presse in Amerika und England gleich nach Erscheinen wahre Begeisterungs-Hymnen. Die "New York Times" titelt "notable book of the year" und die Londoner "Times" stellt Deaver das Prädikat aus "bester Autor psychologischer Thriller weit und breit." Und die deutschen Leser dürfen sich tatsächlich auf einen Krimi freuen, der zur absoluten Spitzenklasse des Genres zählt.

Vor der Küste New Yorks ist die Polizei in Alarmbereitschaft. Sie erwartet die Ankunft eines Schmugglerschiffs aus China, voll besetzt mit chinesischen Flüchtlingen. Doch am meisten interessiert sind die Behörden an einem Mann namens Kwan Ang, der für den Transport verantwortlich ist und der mit gnadenloser Skrupellosigkeit mordet und betrügt. Er ist die Nummer eins der internationalen Fahndungslisten. "Ein Multimillionär, ein Menschenschmuggler - ein Schlangenkopf, ein Killer."

Die Festnahme misslingt, denn das Schiff wird vorher in die Luft gesprengt und nur zwei Familien und einige wenige Passagiere können sich teilweise schwer verletzt an Land retten. Darunter auch der Gesuchte. Bislang kannte niemand sein Gesicht, darum wird er von den Ermittlern nur als "der Geist" bezeichnet. Nach dem Schiffbruch gibt es allerdings Menschen, die ihn gesehen haben und diese verfolgt "der Geist" erbarmungslos. Er hat ein ganzes Netzwerk an Helfershelfern, die er mit fürstlicher Bezahlung lockt - bis in die höchsten Ränge des FBI. Allerdings rechnet er nicht mit der messerscharfen Kombinationsgabe Lincoln Rhymes.

Bis dahin ist der Plot nicht weiter bemerkenswert. Eine Verfolgungsjagd durch Chinatown, wie man sie mehrfach schon gelesen hat. Doch nicht bei Jeffery Deaver. Jetzt zeigt er, mit welcher Akribie und Meisterschaft er arbeitet. Er kennt die Verhältnisse in Chinatown sehr genau, beschreibt, wie sich illegale Einwanderer zurechtfinden, welche Kontakte sie knüpfen, wie sie es schaffen eine Wohnung und einen Job zu ergattern. Sehr aufschlussreich ist auch der Blick auf New York aus chinesischer Sicht.

Voller Wucht prallt chinesische Lebensweisheit auf amerikanische Lebensart. Für Rhyme ist es nicht immer leicht, die Weisheit und die Ruhe seines chinesischen Kollegen, der ihm bei seinen Ermittlungen hilft, zu ertragen. Doch am Ende hat er in ihm einen Freund gefunden, der ihm zeigt, dass Lao-tse gar nicht so Unrecht hat: "Man muss nicht das Haus verlassen, um besser sehen zu können. Man braucht auch nicht aus dem Fenster zu schauen....."

Das Tempo des Romans ist ganz und gar nicht ruhig, daran ändert auch nichts die chinesische Beteiligung. Rasant, wie Amelias Sportwagen, werden neue Erkenntnisse kombiniert und nicht alle Personen sind so, wie sie scheinen. Da wechseln Identitäten, gibt es Verräter, und gerade, wenn man als Leser meint, jetzt schnappt die Falle zu, hält Jeffery Deaver einen neuen Coup bereit.

"Die Assistentin", verfilmt unter dem Titel "Der Knochenjäger" mit Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen, war schon sehr gut. Auch "Der Insektensammler" überzeugte durch seine Spannung, aber "Das Gesicht des Drachen" ist Spitzenklasse. Bitte unbedingt für den "Deutschen Krimipreis" in der Sparte international vormerken.
manuela haselberger


Jeffrey Deaver - Das Gesicht des Drachen
Originaltitel: »The Stone Monkey«, © 2002
Übersetzt von Thomas Haufschild

2003, München, Blanvalet Verlag, 475 S., 22.90 €





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Eins

Sie waren die Verschwundenen, die vom Unglück Verfolgten.
Für die Menschenschmuggler - die "Schlangenköpfe" -, die sie wie Paletten verdorbener Ware um die halbe Welt beförderten, waren sie ju-jia: Ferkel.
Für die Beamten der amerikanischen Einwanderungsbehörde, die ihre Schiffe aufbrachten, sie verhafteten und abschoben, waren sie Illegale.
Sie waren die Hoffnungsvollen, die Heimat, Familie und eine tausendjährige Ahnenreihe gegen die illusionslose Gewissheit eintauschten, dass ihnen gefährliche und arbeitsreiche Jahre bevorstanden.

Die nur eine winzige Chance hatten, in einem Land sesshaft zu werden, das ihren Familien Wohlstand versprach, weil dort, so hieß es, Freiheit, Geld und Zufriedenheit so alltäglich wie Sonnenschein und Regen seien.
Sie waren seine kostbare Fracht.
Und nun musste Kapitän Sen Zi-jun, die Beine gegen die tosenden, fünf Meter hohen Wogen fest auf den Boden gestemmt, sich von der Brücke zwei Decks nach unten in den düsteren Laderaum vorkämpfen, um ihnen die schlimme Nachricht zu überbringen, dass die wochenlange beschwerliche Reise womöglich ganz umsonst gewesen war.
Es war kurz vor Tagesanbruch an einem Dienstag im August. Der stämmige Seemann, der seinen Kopf kahl geschoren hatte und stolz einen kunstvoll gezwirbelten, buschigen Schnurrbart zur Schau trug, schob sich an den leeren Containern vorbei, die zur Tarnung auf dem Deck der zweiundsiebzig Meter langen Fuzhou Dragon verzurrt waren, und öffnete die schwere Stahlluke zum Frachtraum. In dem spartanischen, fensterlosen Raum kauerten zwei Dutzend Menschen. Unter den billigen Feldbetten trieben Abfälle und Kinderbauklötze aus Plastik im flachen Bilgenwasser.

Trotz des starken Seegangs stieg Kapitän Sen, der dreißig Jahre Erfahrung auf den Weltmeeren besaß, die steile Metalltreppe hinunter, ohne die Handläufe zu benutzen, und trat in die Mitte des Laderaums.
Ein Blick auf die Kohlendioxidanzeige verriet keine besorgniserregende Konzentration, obwohl die Luft nach Dieselkraftstoff und nach Menschen stank, die zwei Wochen auf engstem Raum ausgeharrt hatten.
Im Gegensatz zu den Kapitänen und Mannschaften vieler anderer "Eimer" - wie die Schlepperschiffe im Allgemeinen genannt wurden -, die ihre Passagiere bestenfalls ignorierten, sie manchmal jedoch sogar schlugen oder vergewaltigten, fügte Sen den Leuten keinen Schaden zu, sondern war fest davon überzeugt, ein gutes Werk zu tun: Er half diesen Familien aus einer schwierigen Lage, an deren Ende zwar kein sicherer Reichtum, aber immerhin die Aussicht auf ein glückliches Leben in Amerika stand, das auf Chinesisch Mei Guo hieß: "Schönes Land".

Auf dieser Überfahrt allerdings schienen die meisten der Emigranten ihm nicht zu trauen. Das war verständlich, denn sie nahmen an, er mache gemeinsame Sache mit dem Schlangenkopf, der die Dragon gechartert hatte: Kwan Ang, eher bekannt unter seinem Spitznamen Gui, der Geist. Da Kwan als überaus gewalttätig galt, hatten die Passagiere fast jedes Gesprächsangebot des Kapitäns ausgeschlagen. Nur mit einem der Männer hatte Sen sich ein wenig anfreunden können. Chang Jingerzi - der den westlichen Namen Sam Chang vorzog - war fünfundvierzig Jahre alt und hatte früher als Universitätsprofessor in einem Vorort der großen südostchinesischen Hafenstadt Fuzhou gelebt. Er nahm seine gesamte Familie nach Amerika mit: seine Frau, zwei Söhne und seinen verwitweten Vater.
Unterwegs hatten Chang und Sen ein halbes Dutzend Mal im Frachtraum gesessen, den starken mao-tai getrunken, den der Kapitän stets in ausreichender Menge an Bord mitführte, und sich über das Leben in China und den Vereinigten Staaten unterhalten.

Sen entdeckte Chang auf einer Pritsche in der vorderen Ecke des Laderaums. Der hoch gewachsene, gelassene Mann runzelte die Stirn, als er den Kapitän sah. Er reichte seinem halbwüchsigen Sohn das Buch, aus dem er den anderen vorgelesen hatte, und stand auf.
Alle Anwesenden verstummten.
"Unser Radar zeigt ein schnelles Schiff auf Abfangkurs."
Bestürzung machte sich breit.
"Die Amerikaner?", fragte Chang. "Die Küstenwache?"
"So muss es wohl sein", antwortete der Kapitän. "Wir befinden uns in amerikanischen Hoheitsgewässern."

Er ließ den Blick über die verängstigten Gesichter der Emigranten schweifen. Wie bei nahezu jeder Ladung Illegaler, die Sen transportiert e, waren auch diese ehemals Fremden innerhalb kurzer Zeit zu den geworden. Nun fassten sie einander bei den Händen oder ten sich leise etwas zu, manche verunsichert, andere beruhigend. Die Augen des Kapitäns richteten sich auf eine Frau, die ihre anderthalbjährige Tochter im Arm hielt. Die Mutter, deren Gesicht von den Schlägen in einem Umerziehungslager gezeichnet war, senkte den Kopf und brach in Tränen aus. "Was können wir tun?", fragte Chang besorgt.
Kapitän Sen wusste, dass der Professor offene Kritik am chinesischen Regime geäußert hatte und darauhin fliehen musste. Falls die amerikanische Einwanderungsbehörde ihn zurück in die Heimat schickte, würde er wahrscheinlich als politischer Gefangener in einem der berüchtigten Gefängnisse im Westen Chinas landen.
"Es ist nicht mehr weit bis zum Absetzpunkt, und wir sind mit voller Kraft unterwegs. Mit etwas Glück kommen wir nahe genug an die Küste heran, um Sie mit Schlauchbooten übersetzen zu können."
"Nein, nein", wandte Chang ein. "Bei diesen Wellen? Wir würden alle sterben!" "Ich steuere einen natürlichen Hafen an. Dort dürfte es ruhig genug sein, dass Sie auf die Boote umsteigen können. Am Ufer warten bereits Lastwagen, um Sie nach New York zu bringen."
"Und was ist mit Ihnen?", fragte Chang.
"Ich fahre wieder hinaus in den Sturm. Bis die Beamten gefahrlos an Bord kommen können, befinden Sie sich längst auf den goldenen Pfaden, die direkt in die Stadt der Diamanten führen... Und jetzt sollten alle ihre Sachen zusammenpacken. Nehmen Sie nur das Notwendigste mit, das Geld, die Fotos. Alles andere lassen Sie zurück, denn Sie müssen so schnell wie möglich an Land gelangen. Bleiben Sie unter Deck, bis entweder der Geist oder ich Sie nach oben rufen."

Kapitän Sen eilte die steile Treppe wieder hinauf und richtete ein Stoßgebet an Tian Hou, die Göttin der Seeleute, sie möge ihrer aller Leben beschützen. Dann wich er der grauen Wasserwand aus, die neben dem Schiff aufragte.
Als er die Brücke erreichte9 stand dort der Geist vor dem Radar schirm und starrte auf die schimmernde Anzeige. Der Mann verharrte völlig reglos und hielt sich mit beiden Händen fest, um auf dem schlingernden Schiff nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Manche der Schlangenköpfe kleideten sich wie die reichen kantonesischen Gangster aus einem Film von John Woo, doch der Geist sah stets wie ein ganz gewöhnlicher Chinese aus, mit schlichter Stoffhose und einem kurzärmeligen Hemd. Er war muskulös, ziemlich klein, glatt rasiert, trug das Haar etwas länger als ein typischer Geschäftsmann, benutzte aber weder Gel noch Spray.
"In fünfzehn Minuten haben sie uns erreicht", sagte der Schlangenkopf. Sogar jetzt, angesichts einer drohenden Enterung und Festnahme, wirkte er so lethargisch wie der Fahrkartenverkäufer eines ländlichen Busbahnhofs.
"Fünfzehn?", entgegnete der Kapitän. "Unmöglich. Mit wie vielen Knoten sind die denn unterwegs?"
Sen ging zum Kartentisch, dem Kernstück aller hochseetüchtigen Schiffe. Darauf ausgebreitet lag eine Seekarte des Gebiets, hergestellt von der amerikanischen Defense Mapping Agency. Zur Ermittlung der relativen Position beider Schiffe standen ihm nur diese Karte und das Radar zur Verfügung, denn um nicht angepeilt werden zu können, hatten sie die Satellitennavigation der Dragon, das EPIRB-Funkfeuer und das Global Maritime Distress and Safety System abgeschaltet. "Ich schätze, es wird noch mindestens vierzig Minuten dauern", sagte der Kapitän. "Nein, ich habe genau verfolgt, welche Strecke sie seit der ersten Sichtung zurückgelegt haben."

Kapitän Sen sah kurz zu dem Matrosen am Ruder der Fuzhou Dragon, der sich schwitzend abmühte, die mit einem Stück Schnur markierte Speiche des Rads immer genau senkrecht zu halten, was bedeutete, dass das Steuer exakt parallel zum Rumpf ausgerichtet war. Die Gashebel standen auf volle Kraft voraus. Falls der Geist mit seiner Einschätzung Recht behielt, blieb ihnen nicht mehr genug Zeit, den geschützten Hafen zu erreichen. Sie würden sich der felsigen Küste allenfalls bis auf einen knappen Kilometer nähern können - was dicht genug war, um die Schlauchboote zu Wasser zu lassen, die dann jedoch der erbarmungslosen See ausgesetzt wären.
"Womit werden die Amerikaner bewaffnet sein?", fragte der Geist. "Wissen Sie das denn nicht?"
S.11-14
Lesezitat nach Jeffrey Deaver - Das Gesicht des Drachen











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