er Berliner Kinder- und Jugendbuchautor Klaus Kordon hat sich in seinen vielfach preisgekrönten Romanen und Erzählungen ("Die roten Matrosen", "Hundert Jahre und ein Sommer") schon immer auf die Verarbeitung der deutschen Geschichte konzentriert. In seinem Bilderbuch "Die Lisa - eine deutsche Geschichte" packt er ein sehr ehrgeiziges Projekt an. Er steckt gleich ein ganzes Jahrhundert deutscher Geschichte in ein Bilderbuch für die Kleinen mit vierzig Seiten. Ob das gut geht?
Lisa, geboren 1900, ist ein Berliner Kind und will, als sie mit der Schule fertig ist, Schneiderin werden. Sie erlebt den I. Weltkrieg hautnah, denn ihr Vater fällt und nach Kriegsende heiratet Lisa ihren Freund Werner. Die Zeiten sind nicht leicht, Werner ist arbeitslos und als ein Politiker namens Adolf Hitler auftaucht und große Versprechungen verkündet, glaubt auch Lisa ihm. Dass ihre Freundin Else in der Nacht abgeholt wird und für immer verschwindet, weil sie Jüdin ist, beunruhigt Lisa zwar, doch weitere Gedanken macht sie sich nicht dazu. Nach Beginn des II. Weltkriegs hat sie große Angst um ihre Familie. Denn ihr Mann kommt nicht mehr zurück und ein Sohn von ihr gerät in Kriegsgefangenschaft.
Sehr elegant verknüpft Kordon die großen Stationen der Historie mit der kleinen Familiengeschichte einer unbedeutenden, bescheidenen Frau. Für Kinder ist das Einprägen und die Identifikation mit bekannten, lieb gewonnen Personen viel leichter, als wenn nur reine Fakten (Mauerbau, Teilung Deutschlands) auswendig gelernt werden.
Mit den Illustrationen hat sich Peter Schimmel sehr viel Mühe gegeben, das jeweilige Zeitkolorit treffend einzufangen. Die Architektur der Häuser stimmt, zunehmend bestimmen Autos das Straßenbild, einzig die Gesichter, mit Mündern, als ob sie zugenäht wären, irritieren den Betrachter.
Kinder, die einen Schnelldurchgang durch die deutsche Geschichte unternehmen möchten, mit den wichtigsten Stationen in knappen Sätzen zusammengefasst, haben mit diesem Bilderbuch eine gute Wahl getroffen.
© manuela haselberger