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Eine rote Couch auf Reisen Horst Wackerbarth - Die rote Couch
iese anspruchsvolle Aufgabe hat sich Horst Wackerbarth in den vergangenen Jahren gestellt: Einen repräsentativen Schnitt aus rund 730 Millionen Europäern mit 17 Fragen von Belang zu interviewen und einen kurzen Lebensabriss dieser Menschen zu veröffentlichen. Rund 6 Jahre und 100000 km Reise brachte er dafür zu Wege und damit die Menschen, ob reich oder arm, jung oder alt, im Norden, Süden, Westen oder Osten lebend, überhaupt mit ihm sprechen wollten, kam er gleich mit einer 80 kg schweren roten Couch angereist, auf der er sie einlud Platz zu nehmen.
Die Couch ist damit auch unumwunden der Star dieses ausgefallenen Bildbandes, in welchem Wackerbarth nun 150 Porträtierte großformatig präsentiert.
Zwei Sofas und drei Bezüge hat er dabei verschlissen, wenn er mit seinem rund eine Tonne schweren Equipment unterwegs war. Sir Peter Ustinov, Jane Goodall und Maichail Gorbatschow haben genau so auf seinem Sofa gesessen wie Anke Huber, ein französischer Bauer oder eine norwegische Rentnerin. Eine Schülerin aus Ungarn, ein Bordellbetreiber (samt Staffage) aus Düsseldorf oder ein Fischer aus Portugal, der dann passend samt Couch im Meer sitzt, umgeben von Wasser und Felsen.
Jörg Immendorf saß 1992 in seinem Atelier mit zwei nackten Frauen auf dem roten Plüsch, an einer Straße in den Masuren wiederum fünf kleine Kinder neben einem Christus-Wegekreuz.
Interessant auch, wie unterschiedlich die Menschen seine Fragen beantworten, z.B. die Frage: "Was erwartest du nach dem Tod" oder "Was war das Schlimmste, das Ihnen je passiert ist."
Privat und persönlich kommen die Antworten, ob von Sebastian Krumbiegel ("Die Prinzen"), einem Zeitungsredakteur oder Obdachlosen. Auch Manja Tränkler, 1979 in Weimar geborene Verkäuferin in einem Supermarkt, kommt zu einsamem Ruhm.
Den letzten Schliff verleiht dann die "Location" selbst: Rote Couch in einer Kirchenruine, auf einem Feld, im Meer zwischen Eisbergen, in einer steinigen Schlucht, in einem Schlachthof, vor einer Plattenbausiedlung, im europäischen Parlamentsgebäude, auf einem Pferdeanhänger, in einem Hinterhof, auf einem Lavastrom … mal aufrecht stehend, mal angelehnt, mal zugedeckt, mal verkleidet, mal … schauen Sie sich´s einfach selber an.
Es lohnt, weil man sich darin immer wieder aufs Neue vergräbt, man merkt nicht wie die Zeit vergeht, man denkt über andere Menschen nach, über deren Nationalität, und man fragt sich, wie Wackerbarth das Sofa wohl immer wieder sauber bekommen hat und blättert und liest, z.B. wovor die Leute Angst haben, was Arbeit für sie bedeutet … na ja - eben das, womit sich jeder Mensch in seinen stillen Minuten gelegentlich beschäftigt.
Bei GEO können Sie noch weitere
Impressionen sehen, einen wunderschönen
Kalender und eine
Doku zur Enstehung des Werkes. Klicken Sie ein wenig.
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© 27.12.2003 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |