|
Ein chinesischer Don Quichotte Dai Sijie - Muo und der Pirol im Käfig
it seinem Roman, "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" eroberte der chinesische Autor und Regisseur Dai Sijie, der heute in Frankreich lebt, die Leserherzen auf einen Schlag. Auch die Verfilmung ist sehenswert und lief sehr erfolgreich in den Kinos.
Für sein zweites Buch "Muo und der Pirol im Käfig" wurde Sijie sogleich nach Erscheinen mit dem französischen "Prix Femina" ausgezeichnet. Mit seiner wunderbaren Hauptfigur Muo, einem jungen Mann, der unmittelbar mit Don Quichotte verwandt zu sein scheint und voller Eifer angetreten ist, die Träume der Chinesen zu analysieren, dabei jedoch von einem Abenteuer ins nächste stolpert, unterhält Sijie seine Leser köstlich.
Muo hat einige Jahre sehr intensiv in Frankreich studiert und reist nun in einer "Traumdeutertournee" durch die Vorstadtbezirke seiner chinesischen Heimat. "Sein persönlicher langer Marsch."
Er ist reichlich naiv und es dauert einige Zeit, bis er bemerkt, dass er von seinen Kunden mit den erzählten Träumen oft zum Narren gehalten wird. Da erfindet die Vorsteherin des Marktes einfach Träume, um die erwünschten Ratschläge von Muo zu erhalten, "man mochte ihn sogar für einen Knallkopf halten, doch wenn es sich um Psychoanalyse handelte, um die Theorie der Traumdeutung vor allem, waren seine Kenntnisse immens." Allerdings nur die theoretischen. Von der praktischen Seite der Sexualität hat Muo keine Ahnung, da verlässt er sich am liebsten auf seine Bücher.
Muos Hauptproblem besteht darin, seine Freundin aus vergangenen Studienzeiten aus dem Gefängnis zu befreien. Sie hat an westliche Journalisten Fotos mit Folterszenen verkauft und verbüßt dafür eine lebenslange Haftstrafe. Allerdings - vielleicht kann Muo die Dinge mit Richter Di persönlich regeln. Etwa mit einer gewissen Summe Geld? Doch der Richter verlangt, dass er ihm eine Jungfrau beschafft und damit beginnen Muos abenteuerliche Verstrickungen. Er landet in der Psychiatrie, wird überfallen, ausgeraubt und ist mit dabei, als eine tot geglaubte Leiche wieder zum Leben erwacht.
Voller Einfallsreichtum, mit herrlichen Slapstick-Einlagen, schildert Dai Sijie in einer etwas blumigen Sprache, die abstrusen Erlebnisse seines jungen Helden, der immer nur das Beste will und bei jeder Anstrengung in neue Fallstricke verwickelt wird. Wobei die Anspielungen auf die aktuellen politischen Gegebenheiten in China nicht zu kurz kommen. Gelungene Unterhaltung.
|
|
|||||||||||||
© 30.10.2004 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |