... reinlesen


<<   WEITERE BÜCHER   >>



Bookinists Buchtipp zu


Solange du da bist

von Marc Levy




Hörbuch bei Bookinist


So lange du da bist

von Marc Levy

Hörprobe




Wirbelstürme des Lebens
Marc Levy - Wo bist du?

ach dem phänomenalen Erfolg mit seinem Roman "Solange du da bist", der von Steven Spielberg verfilmt wird, erweist sich Marc Levy auch in seinem neuen Buch "Wo bist du" als Spezialist für schwierige Liebesbeziehungen.

Philip und Susan verbindet eine Sandkasten - Liebe und eigentlich hat sich zumindest Philip erhofft, dass er nach dem Studium mit Susan zusammen zieht, sie beide irgendwann heiraten und vielleicht Kinder haben werden. Der Traum vom kleinen Glück zu zweit zerplatzt, als Susan beschließt für zwei Jahre nach Honduras zu ziehen, um dort ein humanitäres Projekt des Peace Corps zu unterstützen. Susan will sich nicht einengen lassen, auch wenn sie Philip liebt.

"Ich weiß ich war sehr ungestüm und bin es immer noch. Dieses Bedürfnis, Etappen zu überspringen, lässt mich in einem Rhythmus leben, den du nicht verstehen kannst, weil er anders ist als deiner."

Die beiden schicken sich Briefe, doch sie leben sich zwangsläufig auseinander. Nach einigen Jahren heiratet Philip eine andere Frau, Susan wird schwanger. Ihre Leben scheinen sich in gegensätzliche Richtungen zu bewegen. Wenn da nicht eines Tages ein Kind vor Philips Haustür stünde und schüchtern meint: "Meine Mutter Susan ist tot."

Es sind die großen Gefühle, die Marc Levy bewegen. Doch leider bleibt das Innenleben seiner Figuren flach. Philip und Susan ergehen sich in endlosen Erklärungen, was sie fühlen, warum sie so handeln. Der Plot ist gar nicht schlecht, doch allzu sehr sind die Schnüre sichtbar, mit denen der Autor seine Figuren bewegt. So entwickelt sich eine Geschichte mit ziemlich blutleeren Personen.

Etwas spannender wird es im zweiten Teil des Romans, wenn Mary, Philips Frau, um die Zuneigung des kleinen Mädchens kämpft, das plötzlich in ihrem Haus lebt. Doch auch hier geraten die Dialoge häufig zu süßlich. Und erst das Ende: Hier gilt hemmungslos "Kitsch as Kitsch can." Taschentücher zur Sicherheit bereithalten.
manuela haselberger


Marc Levy - Wo bist du?
Originaltitel: »Où es - tu?«, © 2001
Übersetzt von Bettina Runge und Eliane Hagedorn

© 2003, München, Droemer Verlag, 266 S., 19.90 € (HC)
© 2003, Lübbe, 4 CDs / 4 Cassetten, 24.90 € (CD/MC)





... reinlesen

Er wurde am vierzehnten September 1974 um acht Uhr morgens auf fünfzig Grad, dreißig Minuten nördlicher Breite und fünfundsechzig Grad westlicher Länge geboren; somit befand sich seine Wiege auf einer kleinen Insel vor der honduranischen Küste. Niemand hatte dieser Geburt, der 734. im Register, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die ersten beiden Tage seiner Existenz verbrachte er völlig unbeachtet. Seine Lebensparameter waren normal und rechtfertigten also nicht, dass man sich auf besondere Weise mit seiner Entwicklung beschäftigte. Er erfuhr die gleiche Behandlung wie alle Neugeborenen seiner Gattung; seine Daten wurden, wie allgemein üblich, alle sechs Stunden festgehalten. Am sechzehnten September um vierzehn Uhr aber erregten die Resultate der Analysen die Aufmerksamkeit einer Expertengruppe auf Guadeloupe. Man stellte sich Fragen zu seinem Wachstum, das nicht der Norm zu entsprechen schien. Am Abend konnte der Leiter des Teams, das mit seiner Beobachtung betraut war, seine Sorge nicht mehr verbergen und setzte sich mit seinen amerikanischen Kollegen in Verbindung. Etwas Gravierendes bahnte sich an, die Verwandlung dieses Neugeborenen erforderte, dass sich die wissenschaftliche Welt mit ihm beschäftigte. Denn nun offenbarte sich der gefährliche Charakter dieser Frucht aus der Verbindung von Kälte und Wärme. Während seine kleine Schwester Elaine, im April desselben Jahres geboren, nur elf Tage gelebt hatte, weil es ihr nicht gegeben war, genug Kraft zu sammeln, wuchs er mit alarmierender Geschwindigkeit und erreichte bereits mit zwei Tagen eine beängstigende Größe. Am dritten Abend seines Lebens versuchte er, sich in alle Richtungen zu bewegen. Er drehte sich um die eigene Achse, wurde immer vitaler, schien sich aber nicht entscheiden zu können, eine bestimmte Richtung einzuschlagen.

Am siebzehnten September, um zwei Uhr nachts, beschloss Professor Huc, während er beim Schein einer einzigen knisternden Neonlampe über seiner Wiege wachte, dass seine Entwicklung eine sofortige Taufe erforderte, um das sich anbahnende Übel zu verscheuchen. Stundenlang hatte er über seinen Tabellen, Zahlenkolonnen und Diagrammen gesessen, die Elektrokardiogrammen zum Verwechseln ähnlich sahen. In Anbetracht seiner erstaunlich raschen Entwicklung war kaum davon auszugehen, dass er an Ort und Stelle verharren würde. Sein Name stand schon vor seiner Zeugung fest: Er würde Fifi heißen. Am siebzehnten September 1974, gegen acht Uhr, betrat er die Bühne der Geschichte, indem er die Geschwindigkeit von hundertzwanzig Stundenkilometern überschritt. Von den Meteorologen des Centre des Ouragans, CDO, in Pointe-à-Pitre und deren Kollegen des National Hurricane Gentre in Miami wurde er als Wirbelsturm der ersten Stufe auf der Saffir-Simpson-Skala registriert. Im Laufe der folgenden Tage sollte er die Kategorie wechseln und zur großen Verwirrung aller Spezialisten, die sich mit ihm befassten, um eine Stufe aufrücken. Um vierzehn Uhr hatte Fifi bereits eine Geschwindigkeit von hundertachtunddreißig Stundenkilometern erreicht, am Abend waren es knapp hundertfünfzig. Am meisten aber beunruhigte seine Position, die sich gefährlich verändert hatte, sodass er sich jetzt auf sechzehn Grad, siebzig Minuten nördlicher Breite und einundachtzig Grad, siebzig Minuten westlicher Länge befand. Und so wurde Großalarm gegeben. Am achtzehnten September, um zwei Uhr nachts, bewegte er sich auf Honduras zu und fegte mit knapp zweihundertvierzig Stundenkilometern über dessen Nordküste.


Kapitel 1
Newark Airport. Das Taxi hat sie am Bürgersteig abgesetzt und taucht im Strom der Fahrzeuge unter, die um den Passagierterminal kreisen; sie sieht zu, wie es in der Ferne verschwindet. Der große grüne Seesack zu ihren Füßen wiegt fast so viel wie sie selbst. Sie hebt Ihn hoch, zieht eine Grimasse, legt den Riemen über die Schulter. Sie geht durch die automatische Tür des Terminals 1, durchquert die Eingangshalle und geht ein paar Stufen hinab; zu ihrer Rechten eine Wendeltreppe. Trotz der schweren Last steigt sie die Stufen hinauf und eilt entschlossen den Gang entlang. Vor der Fensterfront einer Bar, die in orangefarbenes Licht getaucht ist, bleibt sie stehen und schaut hinein. Auf die Resopaltheke gestützt, schlürfen ein paar Männer ihr Bier und kommentieren lauthals die Spielergebnisse, die auf dem Bildschirm des Fernsehers an der Wand zu sehen sind. Sie stößt die Holztür mit dem großen Bullauge auf, tritt ein, schaut suchend über die roten und grünen Tische hinweg.

Sie sieht ihn ganz hinten an der Fensterfront, die auf die Asphaltrollbahn blickt. Er hat das Kinn auf die rechte Hand gestützt, während die linke über die Papierdecke huscht und ein Gesicht darauf zeichnet.
Seine Augen, die sie noch nicht sehen kann, wandern immer wieder zur gelben Rollbahnmarkierung, die den Flugzeugen den genauen Weg zur Startbahn weist. Sie zögert, entscheidet sich für den rechten Gang, der sie geradewegs auf ihn zuführt, ohne dass er sie sehen kann. Sie geht an der summenden Gefriertruhe vorbei und nähert sich mit schnellen und doch leisen Schritten. Bei ihm angelangt, legt sie ihm die Hand auf den Kopf und zerzaust ihm zärtlich das Haar. Auf dem gewaffelten Papier erkennt sie ihr eigenes Porträt.
"Habe ich dich warten lassen?", fragt sie.
"Nein, du bist fast pünktlich. Aber ab jetzt wirst du mich warten lassen."
"Bist du schon lange da?"
Ich hab keine Ahnung. Wie hübsch du bist! Komm, setz dich."
Sie lächelt und schaut auf ihre Uhr.
"Mein Flugzeug geht in einer Stunde."
"Ich werde alles tun, damit du's verpasst, damit du es niemals nimmst."
"Gut, dann fliege ich eben in zwei Minuten!", sagt sie und setzt sich neben ihn.
"Okay, okay, ich verspreche dir: kein Kommentar mehr. Ich hab dir was mitgebracht."
Er legt eine schwarze Plastiktüte auf den Tisch und schiebt sie ihr mit dem Zeigefinger hin. Sie neigt den Kopf zur Seite, ihre Art zu fragen: Was ist das wohl? Und da er ihre Mimik und den Ausdruck ihrer Augen zu deuten weiß, antwortet er:
"Mach auf, du wirst schon sehen." Es ist ein kleines Fotoalbum.
Er fängt an, darin zu blättern. Auf der ersten Seite, in Schwarz-Weiß, ein Mädchen und ein Junge von zwei Jahren, die sich, jeder die Hände auf den Schultern des anderen, gegenüberstehen.
"Das ist das älteste Foto, das ich von uns beiden gefunden habe", sagt er.
Er blättert weiter.
"Dies hier sind wir beide irgendwann um Weihnachten, ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr, aber wir waren noch keine zehn. Ich glaube, es war das Jahr, als ich dir mein Taufmedaillon geschenkt habe."
Susan greift in ihren Ausschnitt und zieht das Keuchen mit dem Anhänger der heiligen Teresia hervor, das sie niemals ablegt. Ein paar Seiten weiter unterbricht sie ihn und kommentiert nun selbst:
"Das waren wir mit dreizehn im Garten deiner Eltern, ich hatte dich gerade geküsst, und du meintest: 'Das ist ja widerlich!', als ich meine Zunge in deinen Mund schieben wollte. Und das hier war zwei Jahre später; diesmal fand ich es widerlich, als du mit mir schlafen wolltest."
Bei der nächsten Seite ergreift wieder Philip das Wort und zeigt auf ein weiteres Foto.
"Und wenn ich mich recht entsinne, fandest du's ein Jahr später, nach diesem Fest hier, überhaupt nicht mehr widerlich."
Jede Seite, jedes Foto stellt eine Epoche ihrer gemeinsamen Kindheit dar. Sie unterbricht ihn.
"Du hast ein halbes Jahr übersprungen; gibt es kein Foto von der Beerdigung meiner Eltern? Genau damals fand ich dich ungeheuer attraktiv!"
"Hör auf mit dem Blödsinn, Susan!"
"Das meine ich ernst. Es war das erste Mal, dass du mir stärker vorkamst als ich, das hat mir unheimlich gut getan. Weißt du, ich werde nie vergessen ..."

"Hör auf damit ..."
"dass du es warst, der meiner Mutter während der Totenwache den Trauring vom Finger gezogen hat ..."
"Gut, könnten wir jetzt das Thema wechseln?
S. 11-17


Lesezitat nach Marc Levy - Wo bist du?











© 17.1.2003
by Manuela Haselberger

http://www.bookinist.de