Jessica Durlacher - Die Tochter (Buchtipp/Rezension/lesen)
Lesezitat


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Lesezitat


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Vor unserer ersten Begegnung ist mir vor allem ihr Blick in Erinnerung geblieben. Dieser ärgerliche Blick, dessen wahre Bedeutung erst so viel später offenbar wurde. Ich mag zwar nicht der Allerfeinfühligste oder Liebenswürdigste gewesen sein, wenn ich mich so mit meinen damaligen Freunden vergleiche, aber als Rüpel konnte man mich nun auch wieder nicht bezeichnen. Ich vermochte diesen Blick damals einfach nicht recht zu deuten. Neugierig guckte sie, verlegen und zugleich beschützend, als kenne sie mich, als nehme sie etwas bei mir wahr, das mir selbst gar nicht mehr bewußt war. Dadurch fühlte ich mich ertappt, ohne daß ich etwas zu verbergen gehabt hätte, und das nahm ich ihr anfangs übel. Später ging mir auf, daß ich das wohl vor allem mir selbst übelgenommen hatte, denn wenn man sich ertappen läßt, und sei es bei ureigenen Gedanken, geschieht das nicht von ungefähr.


Lesezitat nach Jessica Durlacher - Die Tochter




Jüdische Vergangenheit
Jessica Durlacher - Die Tochter

ax und Sabine sind beide Anfang zwanzig und lernen sich im Anne-Frank-Haus in Amsterdam kennen. Ihre Liebe scheint, auf den zweiten Blick, perfekt. Während Max, er selbst ist nicht streng gläubig erzogen, versucht die Vergangenheit seiner jüdischen Eltern zu vergessen, will Sabine alles über den Holocaust wissen.

Eines Tages verschwindet Sabine einfach, - ohne einen erklärenden Brief oder eine Notiz. Max ist verzweifelt und es dauert fünfzehn Jahre, bis er Sabine, er selbst ist in der Zwischenzeit Verleger geworden, auf der Frankfurter Buchmesse wieder trifft. Hier stellt sie ihr neues Buch vor.

Jessica Durlacher, die mit dem erfolgreichen niederländischen Schriftsteller Leon de Winter verheiratet ist, schreibt ihren neuen Roman "Die Tochter" aus männlicher Perspektive und ganz kann man beim Lesen den Gedanken nicht abschütteln, dass Max eine Menge Gemeinsamkeiten mit Leon de Winter hat.

Auch wenn die beiden, Max und Sabine, überhaupt nichts mehr mit dem Holocaust zu schaffen haben, werden sie doch von der Vergangenheit eingeholt und es ist für sie, durch die vergangenen Taten der Eltern, nicht möglich, ihr Leben unbelastet anzugehen, auch wenn sie sich noch so darum bemühen.

Ein sehr intensives Buch, das deutlich macht, dass die Vergangenheit nicht vergangen ist, gleichgültig wie sehr wir es uns wünschen mögen.
© manuela haselberger


Jessica Durlacher - Die Tochter
aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers
© 2000, "de dochter"

© 2001, Zürich, Diogenes, 327 S., € 19.90 (HC)
© 2003, Zürich, Diogenes, 327 S., € 9.90 (TB)
© 2002, 7 Audio-CDs, € 36.00 (CD)





Bookinists Buchtipp zu


Das Gewissen

der Debutromanvon Jessica Durlacher


© 8.9.2001 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de