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ebenfalls von
Majgull Axelsson


Aprilhexe




Das Zeitalter des Erzählens
Majgull Axelsson - Augustas Haus

ei der schwedischen Autorin Majgull Axelsson sind es die Frauen, die die Kraft haben Geschichten zu erzählen. Dies war bereits in ihrem Erstling "Die Aprilhexe" so und sie setzt dieses starke Motiv in ihrem Roman "Augustas Haus" weiter fort.

Der Bogen spannt sich über vier Generationen einer Familie. Alles beginnt mit Augusta, die vor ihrer Familie flieht, bei der sie als Hausmädchen tätig ist, weil sie vom jungen Herrn schwanger ist. In Isak findet sie später einen gutmütigen Ehemann, den nicht stört, dass sie bereits ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Immer wieder werden die Frauen in Augustas Familie vor das gleiche Problem gestellt. Es scheint so, als ob sich ihr Schicksal über die Jahre wiederholen würde. Sie werden schwanger, bringen ein uneheliches Kind zur Welt und damit ändert sich ihre Situation jeweils grundlegend. Doch nie ist der Vater des Kindes der spätere Ehemann. Ständig scheint sich die erste Wahl der Frauen als ein Missgriff zu entpuppen. Und eine weitere Parallele: Der Ruhepol für alle, egal zu welcher Zeit, ist Augustas Haus. Hierher ziehen sie sich zurück mit ihren angeschwollenen Bäuchen, wenn es gilt, nachzudenken und Probleme zu lösen. Auch wenn Augusta schon lange nicht mehr lebt, scheint an diesem Ort etwas von ihrer Ruhe zu haften.

"Augustas Haus" ist kein Roman, der grundlegend Neues vermittelt, auch erreicht Majgull Axelsson mit diesem Buch nicht ihr Niveau von "Aprilhexen". Die zeitlichen Sprünge sind nicht immer klar erkennbar, die Handlung ist damit oft etwas holprig zusammengefügt und ohne den Stammbaum am Ende des Buches wäre das Lesen auf Dauer sehr mühsam geworden. Vielleicht hätte der ganzen Geschichte noch ein Schuss Politur, eine Glättung der Ränder und Unebenheiten gut getan, und ihr mehr Charisma und Glanz verliehen. Denn so richtig ist der Unterschied zum trivialen Unterhaltungsroman nicht spürbar. Und Majgull Axelsson hat diesen Sprung mit "Aprilhexen" längst geschafft. Vielleicht überzeugt ihr nächstes Buch mehr. © manuela haselberger


Majgull Axelsson - Augustas Haus
Originaltitel: Slumpvandring, © 2000
Übersetzt von Christel Hildebrandt

©2002, München, C. Bertelsmann, 406 S., 22.90 € (HC)





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Sie hat immer gewusst, dass die Stimmen eines ganzen Jahrhunderts in Augustas Haus verborgen liegen, dass sie schon lange dort in Winkeln und Ecken versteckt darauf gewartet haben, dass eine andere Zeit kommt. Ihre Zeit. Die Zeit der Erzählungen.

Und vielleicht ist ja jetzt diese Zeit gekommen. Vielleicht ist sie genau in dieser Nacht mit Alice in diesen Teil von Roslagen gekommen. Vielleicht ziehen deshalb die bleischweren Wolken so eilig über den Himmel. Vielleicht schnauben deshalb hunderte von Pferden in ihren Ställen vor Eifer, während sie alle im gleichen stürmischen Traum davondonnern. Vielleicht blitzen deshalb die Ferienhäuser auf, die eben noch schwarz dastanden und blind zum Meer starren, geschlossen für alles außer dem stillen Neuronenhagel, der ständig die Erde und alles auf ihr durchbohrt.

Die Nacht steckt voller Geschichten, dennoch ist alles vollkommen still. In Häverödal umhüllt das Dunkle eine Vergangenheit, die größer ist als die Zukunft, aber in Herräng brennt noch eine einsame Lampe vor dem Geschäft. Ein erster Frühlingswinnd streicht prüfend über das Land und lässt einen Eichenbusch sich traumverloren schütteln, während das Wasser im Tagebau der Glittergruvan schwarz und still daliegt, stumm und feierlich seine Geheimnisse für sich behält. Einige Kilometer weiter südlich versinkt Hallstavik umso tiefer in Dunst und Nebel, als die Wolken der Papierfabrik sich von den hohen Schornsteinen herabsenken.

In dem Werk bewegt sich die Nachtschicht wie beim Tanz. Es ist so spät, dass alle Bewegungen langsam geworden und alle Worte verstummt sind. Es klaffen große Lücken zwischen den Tanzenden, in den großen Sälen ist jetzt nur noch für jeweils einen oder zwei Menschen Platz. Deshalb sieht niemand die einsame Frau, die neu in der Schicht ist und plötzlich von einer unerklärlichen Angst ergriffen wird. Sie schließt die Augen und presst sich gegen eine Ziegelwand, versucht in ihr zu versinken, zu verschwinden, sich unsichtbar zu machen. Nach ein paar Sekünden ist es vorbei. Sie öffnet die Augen und holt tief Luft, zuckt dann von sich selbst peinlich berührt mit den Schultern und geht wieder zu ihrer Maschine. S. 11-12

Lesezitate nach Majgull Axelsson - Augustas Haus










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Titel von
Majgull Axelsson
 Taschenbuch



Rosarios Geschichte

© 2002


© 22.4.2002 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de