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Isabel Allende:


Fortunas Tochter

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neu 2002
Isabel Allende:


Die Stadt der wilden Götter

Allendes erstes Kinder/Jugendbuch




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Valparaiso

Jeder Mensch wird mit einer besonderen Begabung geboren , und Eliza Sommers entdeckte frühzeitig, daß sie über deren zwei verfügte: einen guten Geruchssinn und ein gutes Gedächtnis. Die erste war ihr nützlich, ihr Brot damit zu verdienen, und die zweite, um sich zu erinnern, wenn auch nicht mit größter Genauigkeit, so doch zumindest poetisch astrologisch verschwommen.

Was man vergißt, scheint nie gewesen zu sein, aber sie hatte viele wirkliche oder trügerische Erinnerungen, und das war, als hätte man zweimal gelebt. Sie sagte oft ~ zu ihrem treuen Freund, dem weisen Tao Chi'en, ihr Gedächtnis sei wie der Schiffsbauch, in dem sie sich kennengelernt hatten, geräumig und dämmrig und voll von Kisten, Fässern und Säcken, in denen sich die Geschehnisse ihres ganzen Daseins häuften. Im Wachen fiel es ihr nicht leicht, in dem riesigen Durcheinander etwas zu finden, aber es gelang ihr immer im Schlaf, wie Mama Fresia es sie gelehrt hatte in den süßen Jahren ihrer Kindheit, als die Konturen der Wirklichkeit nur mit einem blassen Strich gezeichnet waren. Sie betrat den Raum ihrer Träume durch einen oft gegangenen Weg und kehrte mit äußerster Behutsamkeit zurück, damit die zarten Gesichte nicht am harten Licht des Bewußtseins zerschellten. Sie vertraute auf dieses Mittel, wie andere an Zahlen glauben, und hatte die Kunst des Erinnerns so sehr verfeinert, daß sie Miss Rose sehen konnte, wie sie sich über den Marseiller Seifenkarton beugte, der ihr, Elizas, erstes Bettchen gewesen war.

»Daran kannst du dich unmöglich erinnern, Eliza. Neugeborene sind wie Katzen, sie haben weder Gefühle noch ein Gedächtnis«, beharrte Miss Rose bei den seltenen Malen, wo sie über dieses Thema sprachen. (S.9)


Lesezitat nach Isabel Allende - Fortunas Tochter


Goldrausch
Isabel Allende - Fortunas Tochter

ie Bücher von Isabel Allende haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie beginnen mit einem wunderschönen ersten Satz: "Jeder Mensch wird mit einer besonderen Begabung geboren, und Eliza Sommers entdeckte frühzeitig, daß sie über deren zwei verfügte: einen guten Geruchssinn und ein gutes Gedächtnis." Ab diesem Satz aus "Fortunas Tochter" hat die chilenische Autorin ihre Leser am Haken.

Eliza wird als Säugling in Valparaíso 1832 ausgesetzt. Ihre Herkunft ist unbekannt und die Engländerin Miss Ross ist ganz entzückt darüber, sich um das Baby kümmern zu dürfen. Ihre beiden Brüder, der eine ist Kaufmann, der andere ein abenteuerlustiger Kapitän unterstützen die Marotte ihrer energischen Schwester. So wächst die kleine Eliza unbekümmert heran. Ihre zweite Mutter ist die Köchin Mama Fresia. Von ihr lernt Eliza eine Menge über kulinarische Köstlichkeiten und die heilende medizinische Wirkung von Kräutern. Ganz nebenbei wird sie auch mit den Mythen und Legenden der Indios vertraut und ein Kind, das in zwei Welten zu Hause ist.

Mit sechzehn Jahren verliebt sich Eliza unsterblich in Joaquín Andieta, doch er sucht sein Glück bei den Goldgräbern in Kalifornien. Als Eliza merkt, dass sie von ihm schwanger ist, entschließt sie sich, aus ihrer behüteten englischen Welt auszubrechen und ihm zu folgen. Sie lässt sich als blinder Passagier auf das nächste Schiff schmuggeln und erleidet bei der strapaziösen Fahrt eine Fehlgeburt. Ohne die Hilfe des freundlichen Chinesen Tao Chi'en wäre sie wohl nie in Kalifornien angekommen. Hier ist sie fortan in Männerkleidern unterwegs, die ihr vor den rauen Goldgräbern Schutz bieten.

Der Zauber von Isabel Allendes Roman liegt darin, dass sie ihren handelnden Personen eigene Geschichten gibt. Sie malt ebenso anschaulich das Leben der eigenwilligen und starken Eliza, wie das Goldgräberdasein in San Franciso, oder die Biografie des weisen Chinesen in seiner Heimat Kanton aus.

Auch wenn "Fortunas Tochter" nicht an das "Geisterhaus" heranreicht, hat der Roman alle nötigen Ingredienzien für gute Unterhaltung: schillernde Figuren in exotischem Ambiente, einen fundierten geschichtlichen Hintergrund und gut erzählte Spannungsbögen.



Isabel Allende - Fortunas Tochter
aus dem Spanischen von Lieselotte Kolanoske
Originaltitel: © 1998, "Hija de la fortuna"
© 1999, Frankfurt, Suhrkamp Verlag, 483 S., 25.80 € (HC)
© 2001, Frankfurt, Suhrkamp Verlag, 483 S., 10.00 € (TB)
© 1999, Hör Verlag, München , 5 Cass., 35.00 € (MC)






Lesen Sie weiter im "Porträt in Sepia" von Eliza Sommers Enkelin Aurora, die bei Eliza fünf unbeschwerte Jahre ihrer Kindheit in Chinatown verlebt.


Fortsetzung des Lesezitats ...

In dem dunklen, fensterlosen Raum, der nach nassen Netzen roch und nur durch die Tür Luft bekam, reichte Tao Chi'en ihr eine Hose und einen sehr abgetragenen Kittel und bedeutete ihr, sie anzuziehen. Er machte keine Anstalten, anstandshalber hinauszugehen oder sich wenigstens umzudrehen. Eliza schwankte, sie hatte sich noch nie vor einem Mann außer Joaquín ausgezogen, aber Tao Chi´en bemerkte ihre Verwirrung gar nicht, der Körper und seine Funktionen waren für ihn etwas Natürliches, und Schamhaftigkeit betrachtete er eher als Hindernis denn als eine Tugend. Sie begriff, daß dies kein guter Augenblick für Skrupel war, das Schiff würde in Kürze auslaufen, und die letzten Boote brachten bereits das Gepäck der Nachzügler zum Schiff. Sie nahm ihr Strohhütchen ab, knöpfte ihre korduanledernen Stiefelchen und das Kleid auf, löste die Bänder des Unterrocks und bat den Chinesen, rot vor Scham, ihr beim Ablegen des Korsetts zu helfen. Während das Häufchen ihrer englischen Jungmädchenkleidung auf dem Fußboden wuchs, verlor sie nach und nach jede Verbindung zu derr Wirklichkeit, wie sie sie kannte, und geriet unwiderruflich in die seltsame Eigenwelt, die in den folgenden Jahren ihr Leben sein würde. Sie hatte ganz das Empfinden, eine neue Geschichte zu beginnen, in de sie Hauptdarstellerin und Erzählerin zugleich war (S.186)

Lesezitate nach Allende - Fortunas Tochter













weitere Titel von
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Taschenbuch:


Aphrodite

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Das Geisterhaus

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Das Geisterhaus

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Der unendliche Plan

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Eva Luna

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Das Geisterhaus

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Bookinists Buchtipp
zur Fortsetzung von Fortunas Tochter


Porträt in Sepia

von Isabel Allende
© 2000/2001




© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1999-12-17

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger